Killer
Gefährliche Medikamente / Substanzen, insbesondere
- Knopfzellbatterien
- Clonidin
- Opioide
- Calciumkanalblocker
- Trizyklische Antidepressiva
- (Hydroxy-)Chloroquin
- Sulfonylharnstoffe
Erste Schritte
Allgemeine und spezifische Therapie bei Vergiftungen siehe Intoxikation
Tipps
- Ist das genaue Präparat nicht sicher zu identifizieren: Überwachung mind. 8-12h (Retard-Präparate eher ≥ 24h).
"One Pill Kill"
Für Kleinkinder und Säuglinge können auch geringe Medikamenten- bzw. Substanzmengen potenziell lebensgefährlich sein. Unter Umständen kann eine einzige Tablette für einen letalen Ausgang ausreichen (der sog. „one pill kill“).
Übersicht über Auswahl von bereits in geringer Dosierung gefährlichen Substanzen:
Substanz | Kommentar |
---|---|
⍺2-Agonisten | 1-2 Tbl: Hypotonie, Bradykardie, ZNS-Depression → Stationäre Überwachung, symptomatische Therapie |
Antipsychotika | Viele Substanzen ab 1 Tbl. bedrohlich (Vigilanzminderung). CAVE: oft Retardpräparate! → Stationäre Überwachung, symptomatische Therapie |
Babypuder | „Austrocknen“ der Atemwege möglich, initial Husten, dann oft symptomfreies Intervall bis 24h! → Stationäre Überwachung, 3-5mg/kg Prednisolon iv. |
Backofen-/ Rohrreiniger | Wenige ml können zu massiven Verätzungen führen → Notfall-Gastroskopie |
Betablocker | Insb. Propanolol ab 1-2 Tbl. gefährlich, auch bei anderen lipophilen Betablockern wie Bisoprolol, Carvedilol, Metoprolol, Nebivolol: → Stationäre Überwachung, spezifische Therapie siehe Betablocker-Intoxikation |
Calciumkanalblocker | 1-2 Tbl. bei Kindern <4 Jahren potenziell lebensbedrohlich → Stationäre Überwachung mind. 6h; bei Retardpräparat 24h; spezifische Therapie siehe Calciumkanalblocker-Intoxikation |
Ethylenglykol | Bei Kindern bis 3 Jahre bereits ein Teelöffel evtl. lebensbedrohlich. Rauschähnlicher Zustand nach Ingestion (älterer) Kühlpacks: V.a. Ethylenglykol-Intox. → Therapie siehe Intoxikation - Toxische Alkohole |
Hydroxychloroquin / Chloroquin | Toxische Dosis Chloroquin ab 20mg/kg (1 Tbl. = 500mg). Primär ZNS-Symptomatik, Hypokaliämie. → (intensivmedizinische) symptomatische Therapie, ggf. Kohlegabe |
Kampfer | Bei höheren Dosen (500-1000mg = 5ml = 1 Teelöffel Tigerbalsam) Krampfanfälle, Vigilanzminderung bis Koma → Ab 30mg/kg Kampfer mind. 3h Überwachung, keine Kohlegabe, symptomatische Therapie |
Knopfzellbatterien | Sehr schnell (binnen Stunden) Verätzungen bei Feststecken im Ösophagus möglich → Rasche Darstellung im Röntgen und notfallmäßige endoskopische Bergung, vorher bei Kindern >1J alle 10min 10ml (zwei Teelöffel) Honig po. (siehe Ingestion Fremdkörper) |
Knollenblätterpilz | Tödliche Dosis 0,1mg/kg (10kg Kind: 1/8 bis 1/6 Knollenblätterpilz potenziell letal) → Therapie siehe Knollenblätterpilz Intoxikation |
Kochsalz | Ab 0,3-0,5g/kg (ein Teelöffel bei Kleinkind bis 10kg) bereits lebensbedrohliche Hypernatriämien möglich → Sicherung Vitalfunktionen, G5%, Intensivmedizin (siehe auch Hypernatriämie) |
Methylsalicylat | Äquivalenzdosis x 1,4 (vgl ASS) → Symptomatik und Management wie ASS-Intoxikation |
Neodym-Magnete | Bei zwei Magneten oder Magnet + anderer metallischer Gegenstand: Anziehung = Gefahr von Darmwand-Nekrosen, -Perforation → Endoskopie bzw. chirurgische Entfernung |
Opioide | Methadon: ab 1-2 Tbl. potenziell schweres Opioid-Toxidrom, bis mehrere Tage andauernd → prolongierte Überwachung! Bei Hydromorphon >0,3mg/kg; → Min. 6h stationäre Überwachung; bei Retard länger |
Petroleum, Benzin, | Wegen hoher Viskosität extrem hohes Aspirationsrisiko / Pneumonie / Pneumonitis → unbedingt Erbrechen vermeiden, mind. 2h Überwachung wenn asymptomatisch (sonst je nach Symptomatik) |
Sulfonyl-Harnstoffe | Nach 1 Tbl. schwere Hypoglykämien beschrieben → Stationäre Überwachung für mind. 8h nach Ingestion, ggf. intensivmedizinische Therapie nötig |
Trizyklische Antidepressiva | Ab 5mg/kg Überwachung. Ab 15mg/kg potenziell letal (1 Tbl. = 150mg) → Stationäre Überwachung (mind. 6h), Therapie siehe Trizyklika-Intoxikation |
Weiterführende Literatur und Links
Interessante Links (frei zugänglich)
- Crash Course Accidental overdoses (Dont't forget the bubbles 2019)
- Der One Pill Kill (Toxdocs 2018)
Literatur
- Struckmeyer, M. S., Katthän, A., Nordmeyer, S. D. & Schaper, A. Drogennotfälle bei Kindern und Jugendlichen – ein Update. Notfallmedizin up2date 18, 197–214 (2023).
- Koren, G. & Nachmani, A. Drugs that Can Kill a Toddler with One Tablet or Teaspoonful: A 2018 Updated List. Clin. Drug Investig. 39, 217–220 (2019).
- Nelson, L. et al. Goldfrank’s Toxicologic Emergencies. (McGraw Hill, 2019).
- Hüser, C. & Lüllsdorf, R. Der One Pill Kill. Toxdocs.de (2018), zuletzt abgerufen 04.08.2023