Aszitespunktion
Indikationen und Kontraindikationen
Indikationen:
- Diagnostische Punktion ("Infektion? Genese des Aszites?")
- Neuer Aszites
- Bekannter Aszites mit Verdacht auf spontanbakterielle Peritonitis (SBP)
- Nach Trauma zum Ausschluss von blutigem Aszites (Indikation für explorative Laparotomie)
- Therapeutische Punktion ("Volumen ablassen")
- Dyspnoe / Bauchschmerzen (Symptomlast) durch Aszites (in der Notaufnahme eher selten primär indiziert); CAVE: Bei hohem Volumenentzug kann hepatorenales Syndrom ausgelöst werden, „Eingriff in instabiles Kartenhaus der Leberzirrhose“
Kontraindikation:
- Bei V.a. SBP keine absolute Kontraindikation
- Unsichere Punktion (kleine Menge Aszites, keine sichere Punktionsstelle, Incompliance)
- Kritische Indikationsstellung bei
- Thrombozytopenie <20.000/µl
- eingeschränkte Gerinnungssituation (INR >2,5) (CAVE: INR spiegelt bei Leberinsuffizienz keine "in vivo" Gerinnung / Antikoagulation wider)
- V.a. DIC
Durchführung Aszitespunktion (Überblick) + Tipps
- Lagerung: Meist Rückenlage, evtl. Seitenlagerung sinnvoll (nach Ultraschallbefund)
- Sonografische Kontrolle der besten Punktionsstelle (größte Entfernung zu Darmschlingen, Schallkopf schwenken), Ausmessen der Vorlaufstrecke (subkutanes Gewebe)
- Markieren der Punktionsstelle (z.B. mit Spritzenkonus), Punktion bei großen Mengen nach Markierung möglich, ansonsten sonografisch gesteuert wie beim Gefäßzugang möglich
- Säubern, Desinfizieren, steriles Abdecken
- Lokalanästhesie und Vorpunktion mit dünner Nadel
- Punktion mit Aszitespunktionsnadel in „Z-Technik“ (s. Tipps)
- Anschluss von Schlauchsystem / Beutel
- Abnahme von Aszites für Diagnostik (je nach Indikation, s.u.)
- Ablassen von Aszites (je nach Indikation)
- Nach großvolumiger Parazentese (>5 Liter): Gabe von Albumin 6-8g pro Liter Aszites
Tipps:
- Bei sonografischer Darstellung der Punktionsstelle Farbdoppler auf Bauchwand legen: Pulsierendes Gefäß an Einstichstelle?
- Bei geringer Aszitesmenge: Ggf. Durchführung mit dünner Nadel unter direkter sonografischer Visualisierung
- Z-Technik: Vor Punktion Oberhaut aktiv verschieben (bei Zurückziehen nach Ende der Punktion entsteht durch Zurückrutschen der Oberhaut „natürliche“ Barriere, verhindert protrahierten Austritt von Aszites).
Diagnostik + Labor:
- Visuelle Interpretation:
- Trüb / eitrig: V.a. SBP (spontanbakterielle Peritonitis) / Peritonitis
- Blutig: V.a. hämorrhagischer Aszites (v.a. Malignität), alternativ traumatische Genese oder iatrogene Hämorrhagie durch Punktion
- Labor:
- Genese des Aszites klar + Fragestellung „Spontanbakterielle Peritonitis?“:
- Zellzahl- und Differenzierung
- Mikrobiologie (Kulturflaschen beimpfen)
- Genese des Aszites unklar:
- Zellzahl- und Differenzierung
- Mikrobiologie (s.o.)
- Eiweiß, Albumin
- Versand in Pathologie / Zytologie
- Cholesterin / CEA
- evtl. LDH, Glukose, Lipase
- Genese des Aszites klar + Fragestellung „Spontanbakterielle Peritonitis?“:
Differenzialdiagnostik Aszitespunktat | |
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V.a. spontanbakterielle Peritonitis (SBP)
Korrektur bei hämorrhagischem Aszites (>50.000 Erys/µl): | |
Transsudat
| Exsudat
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Sonderfälle:
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Pleurapunktion
Indikationen und Kontraindikationen
Indikationen:
- Diagnostische Punktion („Infektion? Genese des Ergusses? Nach Trauma):
- Meist in der Notaufnahme nicht dringlich indiziert, sollte analog zum Aszites bei jeder Erstdiagnose eines Pleuraergusses unklarer Genese (meist im stationären Verlauf) erfolgen
- Unbedingte Indikation:
- V.a. Pleuraempyem im Ultraschall oder CT: Dann Anlage chirurgische Thoraxdrainage mit Spülmöglichkeit
- Therapeutische Punktion (z.B. Entlastung bei akuter Dyspnoe durch großen Erguss zur Verhinderung von Beatmung / Notwendigkeit der Intensivaufnahme, evtl. auch in palliativer Indikation zur Symptomlinderung)
Kontraindikationen:
- Bei V.a. Pleuraempyem keine absolute Kontraindikation (ggf. vorab Gerinnungssituation optimieren; Rücksprache Pneumologie / Thoraxchirurgie)
- Unsichere Punktion (kleine Ergussmenge, keine sichere Punktionsstelle, Incompliance)
- Kritische Indikationsstellung bei
- Antikoagulation (mind. 24h nach letzter Einnahme DOAK/NMH)
- Duale Thrombozytenaggregationshemmung
- Thrombozytopenie <50.000/µl
Häufigste relevante Komplikationen:
- Pneumothorax
- Hämatothorax (Verletzung Interkostalgefäße)
- selten: Reexpansionslungenödem
Durchführung Pleurapunktion (Überblick) + Tipps
- Lagerung: Meist sitzende Position optimal (wenn möglich/toleriert), ggf. kann sich Patient eine:n Helfer:in (vor Pat. stehend) „umarmen“
- Sonografische Lagekontrolle (bei In- und Exspiration prüfen)
- bei großen Ergüssen „blinde“ Punktion nach Markierung der Stelle möglich, ansonsten analog zum Gefäßzugang/ Aszitespunktion: In-plane/ Out-of-Plane
- Markieren der Punktionsstelle (z.B. mit Spritzenkonus): Oberkante der Rippe
- Säubern, Desinfizieren, steriles Abdecken
- Lokalanästhesie und Vorpunktion mit dünner Nadel
- Punktion mit Pleurapunktionsnadel oder Braunüle (großlumig, z.B. 16-14G) unter Aspiration
- Anschluss von Schlauchsystem / Beutel
- Abnahme von Pleuraerguss für Diagnostik (je nach Indikation)
- Ablassen von Pleuraerguss (je nach Indikation), Pflaster auf Punktionsstelle
- Kontroll-Thoraxsonografie sofort, dann Kontroll-Röntgen nach ca. 3h je nach lokalen Vorgaben (bei Beschwerden sofort)
Tipps:
- Bei beidseitigen Pleuraergüssen primär nur eine Seite punktieren!
- Bei schwieriger Punktion: Direkte Ultraschall-Visualisierung
- Bei Adipositas (nicht gut tastbare Zwischenrippenräume: Auf Rippe zustechen, dann etwas nach kranial über die Rippe rutschen)
- Bei Re-Expansion der Lunge nach erfolgreicher Punktion häufig Hustenreiz - oft rasch rückläufig. Bei ausgeprägten Beschwerden ggf. niedrigdosiertes Morphin iv. (1-2mg) - dann engmaschige Überwachung über mind. 1-2h
- Häufige Ursachen neu aufgetretener respiratorischer Insuffizienz nach Punktion:
- Pneumothorax (insb. bei invasiver oder nichtinvasiver Beatmung)
- Thoraxsonografie (oder Röntgen, falls sofort verfügbar)
- Reexpansionslungenödem (Husten, Luftnot, brodelnde Atemgeräusche auf betroffener Seite)
- je nach Klinik ggf. „nur“ Sauerstoff, alternativ bei fulminantem Verlauf: NIV-Beatmung / selten sogar INV nötig.
- Pneumothorax (insb. bei invasiver oder nichtinvasiver Beatmung)
- Häufige Ursachen neu aufgetretener respiratorischer Insuffizienz nach Punktion:
Diagnostik + Labor:
- Visuelle Interpretation:
- Eitrig: V.a. Empyem
- Milchig: V.a. Chylothorax
- Blutig: V.a. Maligne Genese (DD iatrogene Hämorrhagie durch Punktion)
- Labor:
- Unklare Genese Erguss:
- Zellzahl
- Eiweiß, LDH, Lipase, Triglyceride, Cholesterin
- BGA aus Erguss: pH, Laktat, Glukose
- Kulturflaschen beimpfen
- + in Serum (Blut): Eiweiß, LDH (zusätzlich zu Routine-Werten)
- V.a. (neuen) malignen Erguss:
- zusätzlich Versand in Pathologie/Zytologie
- Unklare Genese Erguss:
Differenzialdiagnostik Pleurapunktat | |
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V.a. Pleuraempyem
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Transsudat
| Exsudat
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Sonderfälle:
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Lumbalpunktion (LP)
auch "Liquorpunktion"
Indikationen und Kontraindikationen
Indikationen:
- V.a. oder Ausschluss ZNS-Infektion (bakteriell/viral)
- V.a. Subarachnoidalblutung
- Weitere Indikationen (z.B. GBS, MS etc.) meist im späteren stationären Verlauf
Kontraindikationen:
- Thrombozytopenie <20.000/µl (20.000-50.000/µl: relative KI)
- Antikoagulation
- Erhöhter Hirndruck (CT/MRT)
- Lokale Infektion (an Punktionsstelle)
Durchführung Lumbalpunktion (Überblick) + Tipps
- Lagerung sitzend mit aufgestellten Beinen, nach vorne gebeugt; ggf. Unterstützung durch Assistenz (alternativ: liegend mit angezogenen Beinen: „Embryonalhaltung“)
- Tasten der Lokalisation: Höhe Beckenkamm (ca. LWK3/4) - hier oder einen Wirbelraum tiefer punktierenund vorher markieren (z.B. mit Spritzenkonus)
- Säubern, Desinfizieren, steriles Abdecken
- Evtl. Lokalanästhesie mit subkutaner Quaddel (1-2ml Lidocain 1-2%)
- Hautpunktion mit Introducer (leicht nach kranial geneigt)
- Punktion mit atraumatischer Nadel (Öffnung nach Oben)
- Resistenzverlust („Pop“): wenige Millimeter vorschieben, Mandrin entfernen, Liquor sollte kommen
- Liquor in Röhrchen tropfen lassen (Reihenfolge der Röhrchen merken / markieren)
- Jeweils ca. 20-30 Tropfen = 2ml pro Röhrchen
- Unsterile Röhrchen streng mit einer Hand halten, nicht die sterile Nadel berühren
- 1. Röhrchen verwerfen (potentiell verunreinigt)
- 2./3. Röhrchen „Backup“ für etwaige spätere Spezialdiagnostik
- 4. Röhrchen für Bakteriologie (Gramfärbung Kultur)
- 5. Röhrchen für Labor (Zellzahl und -differenzierung, Eiweiß, Glukose, Laktat)
- Bei V.a. bakterielle Meninigitis oder trübem Liquor:
- Mind. 1 Extra-Röhrchen mit 5ml („wie 3 andere Röhrchen zusammen“) für Liquorkultur
- Je eines der „Backup-Röhrchen“ zu Schnelltest und Mikroskopie
- Andere Hand bleibt steril zum Wieder-Einführen des Mandrins und Ziehen der Nadel
- Falls Reposition notwendig: Nadel zurück in Introducer ziehen, dann beide repositionieren
Tipps:
- Bei schwieriger Anatomie Einsatz von Ultraschall mit Linearschallkopf (Längs- und Querschnitt, Markierung auf Haut)
- Verminderung postpunktioneller Beschwerden u.a. mit Wiedereinsetzen des Mandrins vor Entfernung der Nadel, Nutzung atraumatische Nadel, nach Punktion ca. 1h flach liegen (allerdings wenig Evidenz).
Diagnostik + Labor:
- Visuelle Interpretation:
- Trüb, evtl. eitrig: V.a. (bakterielle) Meningitis
- Xantochrom (= gelblich, rosa, rotbraun) bis blutig: V.a. SAB
- Wenn bei „Dreigläserprobe“ Blutmenge/-färbung in jedem neuen Röhrchen abnimmt → Hinweis auf traumatische Punktion
- Labor:
- Zellzahl und -differenzierung
- Eiweiß, Glukose, Laktat
- Bei V.a. bakt. Meningitis zusätzlich:
- Liquorkultur
- Gramfärbung
- PCR-/Antigentestung
Differenzialdiagnostik Liquor | |
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Bakterielle Meningitis
*Im Einzelfal bei früher bakt. Meningitis evtl. Zellzahl <1.000/µl - dann ggf. „nur“ Laktat/Protein erhöht. | Virale Meningitis
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Normalbefund:
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Gelenkspunktion
Indikationen und Kontraindikationen
Indikationen:
- V.a. septisches Gelenk (einzige harte Indikation in der Notaufnahme)
- Ggf. bei Gelenkerguss (Entlastung bei Schmerzen)
Kontraindikationen:
- Keine absolute Kontraindikation bei V.a. septisches Gelenk
- Alle weiteren Indikationen: Kritische Indikationsstellung für Punktion in der Notaufnahme (Verschleppungsgefahr Keime etc.)
- v.a. bei Immunsupression
- insb. auch bei eingeschränkter Gerinnungssituation / Antikoagulation
Durchführung Gelenkpunktion (Überblick) + Tipps
- Durchführung streng steril!
- Je nach Gelenke ggf. sonografische Darstellung Punktionsweg (insb. bei schwierigen anatomischen Verhältnissen)
- ggf. Lokalanästhesie (Quaddel an Einstichstelle, nicht intraartikulär)
- Kleine Stichinzision
- Punktion unter sanfter Aspiration
Tipps:
- Bei klinischem laborchemischem Verdacht auf septisches Gelenk: Immer frühzeitig Rücksprache Unfallchirurgie / Orthopädie!
- Nachweis von Gichtkristallen schließt septisches Gelenk nicht aus (Gicht und sept. Gelenk kann parallel vorliegen)
- Bei V.a. Gelenksinfektion sollte kein Lokalanästhetikum intraartikulär verabreicht werden; könnte Diagnostik verfälschen (bakteriostatische Wirkung).
- An der geplanten Punktionsstelle sollte / kann aber Lokalanästhesie (Quaddel) gesetzt werden
Diagnostik + Labor:
- Visuelle Interpretation:
- Trüb, evtl. eitrig: V.a. infiziertes / septisches Gelenk
- Flockig: V.a. Kristallarthropathie
- Blutig: V.a. Hämarthros, iatrogen durch Punktion (Infektion visuell nicht auszuschließen!)
- Labor:
- Zellzahl und -differenzierung
- Glukose, pH
- Kristallnachweis
- bei V.a. Infektion zusätzlich:
- Gramfärbung, Kultur
Differenzialdiagnostik Gelenkpunktat | |
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Infiziertes/septisches Gelenk
| Hämarthros
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Gicht
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Weiterführende Literatur und Links
Interessante Links (frei zugänglich)
- Sterile Punktion großer Gelenke (open access Springer 2023)
- Arthrocentesis (StatPearls 2023)
- Leitlinie Lumbalpunktion (AWMF 2019)
- Leitlinie Leberzirrhose (AWMF 2018)
- Ultrasound guided lumbar puncture (ACEP 2014)
Literatur
- Novacic, K. & Elsemann, I. Lumbalpunktion – Schritt für Schritt. Notaufnahme up2date 06, 234 –242 (2024).
- Labmayr, V. et al. Sterile Punktion großer Gelenke. Oper. Orthop. Traumatol. 35, 65–80 (2023).
- Fandler, M. & Böhm, L. Komplikationen der Leberzirrhose: Aszitespunktion und spontanbakterielle Peritonitis. Notaufnahme up2date 3, 112–114 (2021).
- Fleischmann, T. & Hohenstein, C. Klinische Notfallmedizin Band 2 Skills: Emergency Medicine nach dem EU-Curriculum. (2021).
- Krehl, J. Einfach und praktisch: Diagnostische Lumbalpunktion. Notf. Rettungsmedizin 23, 137–142 (2020).
- Siedler, G., Kallmünzer, B. & Schwab, S. Liquorpunktion – Schritt für Schritt. DMW - Dtsch. Med. Wochenschr. 144, 1361–1366 (2019).
- Jany, B. & Welte, T. Pleural Effusion in Adults—Etiology, Diagnosis, and Treatment. Dtsch. Ärzteblatt Int. 116, 377–386 (2019).
- Tumani, H. et al. S1-Leitlinie: Lumbalpunktion und Liquordiagnostik. DGNeurologie 2, 456–480 (2019).
- DGVS. S2k-Leitlinie Komplikationen der Leberzirrhose. AWMF (2018).
- Shaikh, F. et al. Ultrasound imaging for lumbar punctures and epidural catheterisations: systematic review and meta-analysis. BMJ : Br. Méd. J. 346, f1720 (2013).
- Arnold, S. & Meurer, A. Intraartikuläre Punktionen und Injektionen. Orthop. 42, 1075–1086 (2013).
- Straus, S. E., Thorpe, K. E. & Holroyd-Leduc, J. How Do I Perform a Lumbar Puncture and Analyze the Results to Diagnose Bacterial Meningitis? JAMA 296, 2012–2022 (2006).