1. Leitsymptome
  2. Skills und Techniken

Beatmung

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Diese Informationen richten sich nur an medizinisches Fachpersonal, Nutzung auf eigene Verantwortung!

Killer

  • Tubusdislokation / Fehlintubation (unbemerkt)
  • Hyperkapnie / CO2-Narkose
  • Spannungspneumothorax (unbehandelt)
  • Fulminante Aspiration (bei nicht intubierten Pat.)

Erste Schritte

Nichtinvasive Beatmung - Flowchart

NIV

Invasive Beatmung - Flowchart

INV

Tipps

  • Bei akuter Hypoxie existiert KEINE Kontraindikation zur Sauerstoffgabe
  • Berechnung von Beatmungsvolumina generell nach Ideal-Gewicht (bei Adipositas wächst die Lunge nicht mit)
  • Patient:innen, welche unter hochdosierter Sauerstoffgabe (>10l/min via Reservoirmaske) gerade noch "akzeptable" O2-Sättigung um 90% erreichen, sind potentiell kritisch krank - akute respiratorische Dekompensation (mit notwendiger Atemwegssicherung) ist rasch und unvermittelt möglich!
  • Umgang mit tracheotomierten Pat.: Tracheostoma-Notfall
Akutes Beatmungsproblem: DOPES + HAND - Schema

DOPES

Fokus Präklinik

  • Heimbeatmete Pat.: Möglichst Pat.-eigenes Beatmungsgerät inkl. Strom- und Sauerstoffadapter mitnehmen (Pat. sind an das Gerät gewöhnt)
    • Voranmeldung / Absprache vor Transportbeginn: Heimbeatmete Pat. belegen in der Klinik in der Regel ein Intensivbett!
    • Genaue Anamnese bezüglich Keime / Keimbesiedelung (insb. MRSA, MRGN) ist für die Klinik essentiell

(Be)atmungs-Grundlagen

Bei allen Formen der Atemunterstützung und Beatmung im Notfall ist es das Ziel, eine adäquate Oxygenierung (Vermeiden der Hypoxie) und ausreichende Decarboxylierung sicherzustellen.

Atemmechanik

Physiologische Atemmechanik

Inspiration = aktive Kontraktion insp. Atemmuskulatur (Zwerchfell, Mm. intercostales externus und ggf. Atemhilfsmuskulatur)
Vergrößerung Thorax-Volumen → Lunge ist über Pleura adhäsiv mit Thoraxwand verbunden und folgt Thoraxbewegung
Vergrößerung Lungen-Volumen → wegen Volumenvergrößerung Unterdruck in der Lunge
Lufteinstrom entlag des Druckgefälles von Umgebung und Lunge

Exspiration = Relaxation insp. Atemmuskulatur, ggf. Kontraktion exsp. Atemmuskulatur (Mm. intercostales internus, Bauchmuskulatur, Latissimus) + passive Rückstellkräfte der elastischen Fasern der Lunge
→ Verkleinerung Lungen- und Thorax-Volumen
→ alveolärer Überdruck → Luftausstrom

Atemmechanik bei invasiver Beatmung (Überdruckbeatmung)

Inspiration: Erhöhtes Druckniveau → Lufteinstrom
→ steigende alveoläre (und intrathorakale) Drücke
→ Erreichen von Druck- oder Volumenbegrenzung → Beendigung der Inspiration

Exspiration: Vermindertes Druckniveau → Bereits vorhandener alveolärer Überdruck + passive Rückstellkräfte der Lunge → Luftausstrom (passiv)

Atemphysiologie (Grundbegriffe)

  • AZV (Atemzugvolumen): 6-7ml/kg
  • AF (Atemfrequenz): 10-15/min (Atemfrequenz Kinder altersabhängig höher)
  • AMV (Atemminutenvolumen): Atemzugvolumen x Atemfrequenz: ca. 6-8l/min. 
(bei Anstrengung, Tachypnoe etc. teils auch massiv erhöht ("Hyperventilation"); z.B. kompensatorische Hyperventilation bei metabolischer Azidose (über)lebenswichtig).
  • Compliance: Dehnungsfähigkeit (Elastizität) der Lunge
  • Resistance: Strömungswiderstand (Atemwegswiderstand)
    • Abhängig von Durchmesser der Atemwege.
Einschränkung (Obstruktion) typischerweise bei Asthma, COPD und -. Exazerbation, auch bei Schleim, Tubus, mechanischer Atemwegsobstruktion

Beatmung (Grundbegriffe)

Beatmungsformen

  • VCV (Volumenkontrollierte Beatmung), Synonyme: VC, VC-AC
    • Volumenkontrollierte Beatmungsformen u.a.: IPPV, CMV, SIMV, MMV
  • PCV (Druckkontrollierte Beatmung), Synonyme: PC, PC-AC, DKV
    • Druckkontrollierte Beatmungsformen u.a.: BIPAP, DuoPAP, APRV
  • Spontane Beatmungsformen: CPAP, CPAP-ASB, Spn-CPAP
  • Kombinierte Beatmungsformen, u.a.: ASV
Beatmungsdrücke

durch Beatmungsgerät gemessene Drücke:

  • PEEP (positiver endexspiratorischer Atemwegsdruck), Synonym „EPAP“: Der Minimaldruck, der vom Beatmungsgerät aufrecht erhalten wird und somit immer in der Lunge verbleibt. Verhindert exspiratorischen Kollaps von Alveolen, "schient" Atemwege; erhöht intrathorakalen Druck → verminderter venöser Rückstrom.
    • PEEPi (intrinsischer PEEP), Synonym „air trapping“: Falls Inspirationsvolumen > Exspirationsvolumen, bleibt Luft in den Alveolen zurück - typisch bei Pat. mit obstruktiven Lungenerkrankungen.
      Bei zunehmendem PEEPi droht akute Überblähung mit Schädigung der Lunge, z.B. Pneumothorax (insb. bei Lungenemphysem / COPD!)
      Manche Beatmungsgeräte können „gefangenes" Volumen messen (Vtrap).
      s. Grafik „unvollständige Exspiration“.
  • VT (Tidalvolumen): Volumen eines Beatmungshubes
  • I:E : Verhältnis Inspirationsdauer zu Exspirationsdauer
  • Pmean: Mittlerer Atemwegsdruck (mittlerer Alveolardruck)
  • Pinsp: Inspirationsdruck
  • Pplat: Plateau-Druck - entspricht am ehesten dem Inspirationsdruck in Alveolen
  • PS (Druckunterstützung), Synonyme Psupp, IPAP, ASB: Durch Beatmungsgerät applizierter Unterstützungsdruck bei detektierter Spontanatmung Ppeak: (gemessener) Spitzendruck: Höchster (positiver) Druck in den Atemwegen, "öffnet" die Alveolen.
  • Pmax: Obere Druckbegrenzung des Beatmungsgeräts: Bei Erreichen üblicherweise Auslösung Alarm (z.B. "Atemwegsdruck hoch") und meist Abbruch des Beatmungshubes oder Fortführung auf etwas niedrigerem Druckniveau.

Monitoring unter invasiver Beatmung

  • Beatmungsgerät
    • Kontinuierliche Beurteilung von Minutenvolumen (AMV) und Atemzugvolumen (VT)
    • Visualisierung des Flow- und Druckverlaufes durch Kurven- oder Schleifendiagramme
  • Vitalparamenter
    • Kontinuierliche Messung: etCO2 und spO2
      • Während der Versorgung in der Notaufnahme immer kontinuierliche etCO2 Messung!
      • Übliche Ziel-/Normwerte: etCO2 35-45mmHg, spO2 92-98%
    • aBGA Kontrolle 10min nach Beginn der Beatmung, sowie jeweils nach relevanter Änderung der Beatmungsparameter
    • Nichtinvasive Blutdruckmessung mit angepasstem Intervall (z.B. 5min)
      • Frühzeitige Anlage invasiver Blutdruckmessung (sowie zur Abnahme aBGA)
      • Kontinuierliches EKG-Monitoring
  • Patient:innenkomfort beachten
    • INV: Adäquate Narkose, ggf. ermöglichen spontanter Atemzüge bei stabilen Patient:innen
    • NIV: Engmaschige Betreuung (ggf. Sedierung) und Anpassung Beatmungsparameter
Beatmungkurven: Fluss- / Druckkurven

Beatmungskurven

Grafik Beatmungskurven
grün: "normal"; gestrichelt/rot: unvollständige Exspiration

Sauerstoff

Es gibt gibt zahlreiche Formen der Beatmung und Sauerstoffzufuhr in der Akut- und Notfallmedizin. Erschwert wird die Auseinandersetzung durch eine Vielzahl (firmenspezifischer) Eigennahmen für Einstellungen sowie unterschiedliche Maßeinheiten bei Beatmungsdrücken etc.
Anbei ein Überblick über die wichtigsten Aspekte und Faktoren der Sauerstoffgabe und typischen Beatmungsformen in der Notfallmedizin:

  • Sauerstoffsättigung (sO2): Prozentualer Anteil O2-beladenen Hämoglobins (entspricht 98-99% des im Blut befindlichen O2) am Gesamt-Hämoglobin→ Hilfreich für initiale Einschätzung bei V.a. Hypoxie + Monitoring einer Sauerstofftherapie
    • spO2: Pulsoxymetrisch gemessene Sauerstoffsättigung (Normalwert >94%)
    • saO2: In arterieller BGA gemessene Sauerstoffsättigung (Normalwert >94%), Goldstandard für Messung der Oxygenierung
    • Relativer Wert: Bei Anämie bzw. akuter Blutung kann daher auch eine hohe sO2 nicht ausreichend zur adäquaten Sauerstoffversorgung des Gewebes sein
Fehlerquellen bei Pulsoxymetrie
  • „Schlechte Kurve“: Bei peripherer Vasokonstriktion (u.a. Hypotonie, Hypothermie) werden teils keine oder falsche (zu niedrige) Werte gemessen 
→ immer auf adäquate Kurve achten, ein einzelner numerischer Wert ist ohne Kurve nicht aussagekräftig
  • Nagellack: Potentiell falsche Messwerte insb. bei schwarzem dunkelblauem Lack.
    Lösungsmöglichkeiten:
    1) Drehen des Pulsoxymeters um 90° → statt „von oben“ - seitlich durch den Finger messen.
    2) Nagellack entfernen (bspw. mithilfe von Desinfektionsmittel)
  • CO, Methämoglobin: Die meisten Pulsoxymeter können mit O2 und CO beladenes Hb bzw. Methämoglobin nicht voneinander unterscheiden: Daher bei CO-Intoxikation und Methämoglobinämie falsch hohe spO2!
  • In neueren Untersuchungen wird eine schlechtere Korrelation zwischen spO2 und SaO2 insb. bei Pat. mit dunkler Hautfarbe diskutiert, welche wegen falsch hoher spO2 zur Unterschätzung des Sauerstoffbedarfs führen kann!
Sauerstoffpartialdruck, Gesamtsauerstoffkonzentration und Sauerstoff-Bindungskurve
  • Sauerstoffpartialdruck (pO2): In Blut gelöstes O2 (nur 1-2% des im Blut befindlichen O2), jedoch hochgradig relevanter Marker für Gesamtversorgung mit Sauerstoff, wegen des direkten Zusammenhangs von pO2 und sO2 (siehe Sauerstoffbindungskurve)
    • In BGA gemessen (Normalwert 65-100mmHg)
  • Gesamtsauerstoffkonzentration (ctO2): Gesamtmenge des an Hb gebundenen inkl. des im Blut gelösten Sauerstoffs. Relevante Parameter: pO2, Hb, sO2, MetHb, COHb
    • Von BGA-Gerät berechnet (Normalwert ♀︎ 7,1-8,9mmol/L; ♂︎ 8,4-9,9mmol/L)
    • In der (peripher)venösen BGA ist sO2, pO2 und ctO2 nicht sinnvoll beurteilbar
  • Sauerstoffbindungskurve (Oxyhämoglobindissoziationskurve): Zusammenhang von pO2 und sO2. CAVE: Sauerstoffbindungskurve flacht am „Ende“ ab: Relevanter pO2-Abfall kann erst verspätet anhand der sO2 erkannt werden!
    • Linksverschiebung (bei Alkalose (pH↑), Temperatur↓, CO2↓) → O2-Affinität von Hb↑ (leichtere Bindung von O2 in der Lunge, erschwerte Abgabe an Gewebe)
    • Rechtsverschiebung (bei Azidose (pH↓), Temperatur↑, CO2↑) → O2-Affinität von Hb↓ (erschwerte Bindung von O2 in der Lunge, erleichterte Abgabe an Gewebe)

Sauerstoffgabe

Erste Maßnahme bei Hypoxie ist Sauerstoffgabe mittels Sauerstoffbrille oder -maske.

Sauerstoffgabe - Hintergrund und Systeme

Je nach System kann Patient:innen im Vergleich zur Umgebungsluft (21% O2) ein erhöhtes Sauerstoffangebot (FiO2) gemacht werden.

FiO2 hängt stark von der Applikationsform von Sauerstoff ab (Mess- und Schätzwerte in Literatur unterschiedlich).

  • Nasenbrille nur bei geringem Sauerstoffbedarf (bis max 5-6 l/min) sinnvoll
  • Sauerstoffmasken machen erst ab 5-6 l/min Sinn, davor vermehrte CO2-Rückatmung
    • In Notfallmedizin machen Sauerstoffmasken ohne Reservoir keinen Sinn
  • Bei Patient:innen mit hohem Atemminutenvolumen sind die Flowraten auch bei Sauerstoffmasken (insb. jedoch bei Nasenbrillen) relativ gering. Deswegen kommen bei solchen Pat. niedrigere tatsächliche O2-Konzentrationen in der Lunge an, als es bei dem theoretisch hohen FiO2 anzunehmen wäre. 
Daher: Bei Hypoxie zumindest Sauerstoffmaske mit Reservoir und 15l/min (bzw. maximalem Flow), oder besser: NIV oder nasale Highflow-Therapie (HFNC - s. unten)

Bei akuter Hypoxie existiert KEINE Kontraindikation zur Sauerstoffgabe, auch nicht bei bekannter COPD.
Hochdosierter Sauerstoff kann hier allerdings (im Verlauf) zu Hyperkapnie führen (die genauen Ursachen hierfür sind wissenschaftlich umstritten) - daher engmaschige klinische (und BGA-) Kontrolle.

Es gibt zunehmende Evidenz, dass prolongierte Hyperoxygenierung („zu viel Sauerstoff“) potentiell negative Effekte hat.
In der Erstversorgung in der Notfallsituation hat adäquate Oxygenierung jedoch absolute Priorität - die Anpassung der O2-Gabe sollte im Verlauf nach Stabilisierung erfolgen.

CAVE: Patient:innen, welche unter hochdosierter Sauerstoffgabe (>10l/min via Reservoirmaske) gerade noch "akzeptable" Sauerstoffsättigungen um 90% erreichen, sind potentiell kritisch krank - eine akute respiratorische Dekompensation ist rasch und unvermittelt möglich!

Sauerstoffgabe und FiO2 mit Nasenbrille, Maske und HFNC

Device

Flow
(l/min)

FiO2
(Schätzwert)

Nasenbrille

(maximal bis 5-6l/min effektiv)

1

25%

2

29%

3

33%

4

37%

5

41%

6

45%

Sauerstoffmaske ohne Reservoir

(erst ab 5l/min effektiv, zuvor eher CO2-Rückatmung)

5

35%

6-7

40%

8-9

50%

10

60%

Sauerstoffmaske mit Reservoir

(erst ab 5-6l/min effektiv, je nach AZV bis >90% FiO2 erreichbar)

Bei Wandanschluss („über 15 aufdrehen“) kurzfristig auch höherer Flow möglich!

6

60%

7

70%

8

80%

9

>80%

10-15

>90%

High Flow Nasenbrille (HFNC)

(mit Befeuchtung und Heizung)

bis >60

bis 100%

Kohlendioxid

  • Kohlendioxidpartialdruck (pCO2): Anteil von gelöstem CO2 im Blut. Hilfreich v.a. bei Analyse des Säure-Basen-Haushalts
    • In BGA gemessen (Normalwert ca. 35-45mmHg)
  • Endtidales CO2 - „Kapnometrie“ (etCO2): Direkt am Tubus / an der Beatmungsmaske gemessener Kohlendioxid-Partialdruck der Ausatemluft. Mit speziellen Kapnografie-Nasenbrillen auch bei nicht beatmeten, spontanatmenden Patient:innen messbar
    • Hilfreich u.a. für: Verifikation der trachealen Lage eines Endotrachealtubus, Anpassung Beatmungsparameter, grobes „Hämodynamik-Monitoring“
    • Hämodynamik: Plötzlich widererlangter Kreislauf (z.B. ROSC bei Reanimation) zeigt raschen und deutlichen CO2-Anstieg, stetiger Abfall z.B. bei Reanimation kann ineffektivere Kompressionen anzeigen.
Bei plötzlichem Kreislaufeinbruch bei invasiv beatmeten Patient:innen kann (z.B. wenn noch keine invasive Blutdruckmessung etabliert ist) ein rasch fallendes CO2 ein erster Hinweis sein.
    • etCO2-Kurve kann Hinweis auf verschiedene Pathologien geben, z.B. Obstruktion der unteren Atemwege (bei „Sharkfin-Muster“), rückläufiges etCO2 bei ineffektiven Thoraxkompressionen, „Einziehungen“ bei spontanen Atemversuchen (bzw. „Gegenatmen“)

Kapnografie

Kapnografie-Kurven und Pathologien

Kapnokurven

Bei etCO2-Abfall erwägen:

  • Kreislaufinsuffizienz?
  • Ermüdung “Drücker” bei laufender Thoraxkompression?

High Flow Nasal Cannula (HFNC)

Auch NHF (nasale High-Flow-Sauerstofftherapie). Applikation von beheiztem und befeuchtetem Sauerstoff (bzw. Sauerstoff-Luftgemisch) via spezieller großlumiger Nasenbrille mit hohem Durchfluss. Durch Beheizung und Befeuchtung werden die hohen Flussraten gut toleriert. Insb. in der Pädiatrie hat HFNC einen hohen Stellenwert (z.B. bei schweren respiratorischen Infekten).

Kontraindikationen entsprechen grob denen der Sauerstoffbrille und -maske.

HFNC - Indikationen (Auswahl)
  • Sauerstoffbedürftigkeit, Maske nicht toleriert
  • Präoxygenierung, ggf. in Kombination mit gleichzeitiger Sauerstoffgabe via Maske
  • Hochrisiko-Intubation, insb. wenn auch kurze Hypoxie-Phasen kritisch sein können - HFNC läuft während der laufenden Intubation weiter, ermöglicht "Apnoe-Oxygenierung"
  • Ggf. exazerbierte COPD mit leichter respiratorischer Azidose (pH 7,25-7,35)
    • durch Verminderung des physiologischen Totraumvolumens kann eine CO2-Elimination erreicht werden

Nachteile/Einschränkungen:
- Extra Gerät notwendig
- Technischer Aufwand / Materialverbrauch höher als bei „normaler“ Sauerstoffmaske
- eingeschränkt mobil (Heizung meist nicht mit Akku betreibbar, zudem hoher Sauerstoffverbrauch)

Starteinstellungen (pragmatische Empfehlung)

  • Temperatur: 36°C (nach subjektivem Empfinden steigern, Ziel meist ca. 36-37°C)
  • Flussgeschwindigkeit: 35l/min (in 5er-Schritten steigern → Ziel: 45-60l/min)
  • Ziel bei Kindern:
    • <20kg: 20lmin
    • <40kg: 40l/min
    • Jugendliche: bis 60l/min
    • (nach Rücksprache mit Pädiatrie, initial mit niedrigem Fluss starten)
  • FiO2: 100% (initial bei akuter Hypoxämie), Anpassung nach Klinik

Deeskalation HFNC

  • Schrittweise Reduktion FiO2 auf 30%, erst dann
  • Reduktion Flow auf 30l/min (z.B. 5l/min jede Stunde)

Nichtinvasive Beatmung

Unterstützende Beatmung meist über Gesichtsmaske, ggf. auch via „NIV-Helm“. Viele unterschiedliche (Firmen-)Bezeichnungen, u.a. „CPAP“ (für reine PEEP-Beatmung ohne Unterstützungsdruck), „CPAP-ASB“ (PEEP+Druckunterstützung) oder spn-CPAP.

NIV - Wirkung und Hintergrund
  • Applikation von PEEP
    • „Schienung“ der Atemwege → Verhinderung von alveolärem Kollaps
    • Öffnen von Atelektasen → Optimierung des Ventilations/Perfusions-Verhältnisses
    • Erhöhung intrathorakalen Drucks → Verminderung des venösen Rückstroms (vorteilhaft bei akuter pulmonaler Stauung bzw. Lungenödem)
    • PEEP muss bei Beginn der NIV durch Patient:innen selbst aktiv überwunden werden, wird anfangs oft als unangenehm empfunden
  • Applikation von Druckunterstützung (PS)
    • Entlastung der Atem(hilfs)muskulatur 
(vorteilhaft z.B. bei progredienter Erschöpfung bei COPD-Exazerbation oder Muskeldystrophie)
    • Erleichtert Atembemühung, z.B. für Patient:innenkomfort

NIV-Indikationen

  • Oxygenierungsproblem“ = Hypoxie (z.B. Pneumonie, Lungenödem)
  • Ventilationsproblem“ = Hyperkapnie (z.B. COPD, Asthma), ggf. auch muskuläre Erschöpfung bei Muskelerkrankungen etc.
  • Präoxygenierung / Delayed Sequence Intubation
  • (Palliative Situation): Ggf. Einsatz von NIV zur Überbrückung bei akuter Hypoxie um weitere Informationen zu erhalten / Rücksprache mit Angehörigen zu halten.
    Teils wird NIV auch zur Linderung von Dyspnoe im Sterbeprozess diskutiert, dies wird aus palliativmedizinischer Sicht eher kritisch gesehen (immer Einzelfallentscheidung) → Hier eher Fokus auf medikamentöse Linderung (s. Medikamente in Palliativsituationen)
Patient:innenvorbereitung / -betreuung + Sedierung

Bei akuter Dyspnoe kann die Applikation einer dicht sitzenden Gesichtsmaske und ein anfangs oft als unangenehm empfundener Atem-Widerstand (PEEP) für Patient:innen herausfordernd sein. Daher: Vorab Patient:innen erklären, was passiert, z.B.:

„Wir werden Ihnen gleich mit einer Atemunterstützung helfen. Dazu muss eine spezielle Maske auf Ihr Gesicht - und die muss wirklich dicht sitzen. Die ersten Atemzüge können unangenehm werden, danach wird es aber rasch besser. Wir sind immer da, wir passen gut auf Sie auf und passen die Einstellungen ganz an Sie an.“

Eine Sedierung ist dann oft nicht nötig. Falls Patient:innen die Maske und/oder Beatmung aber trotz Betreuung nicht tolerieren, kann Morphin oder Benzodiazepine genutzt werden, z.B. Boli mit Morphin 2-3mg iv. oder Midazolam 1-2mg iv.. CAVE: Opiatinduzierte Übelkeit/Erbrechen oder Atemdepression bei (zu) tiefer Sedierung!

NIV-Kontraindikationen

Einstellung NIV

(pragmatische Empfehlung)

NIV-generelle Einstellungsmöglichkeiten
  • PEEP (auch „EPAP“)
  • Druckunterstützung (PS), (auch „ASB“, „Psupp“, „IPAP“)
  • FiO2
  • Ggf. weitere Einstellungen:
    • „Trigger“: Notwendige Atemanstrengung durch Pat. um Beatmungshub (PS) auszulösen
    • „Rampe“: Geschwindigkeit des Druckanstieges bei Beatmungshub

Tipp: Meist wird der Unterstützungsdruck additiv zu PEEP angegeben / als "Delta" (bspw. bei PEEP 5 cmH2O und PS 6 cmH2O beträgt der Spitzendruck insgesamt (additiv) 11 cmH2O. Manche Beatmungsgeräte nutzen aber absolute Zahlen: d.h. Differenz zwischen PS und PEEP ist der zusätzlich Unterstützungsdruck. Bei PEEP 5 cmH2O und PS 6 mmH2O wäre dann die Druckunterstützung nur 1 cmH2O.

Grundsätzlich Anpassung an vorherrschendes Problem!

  • Bei Hypoxie Fokus auf PEEP (und FiO2)
  • Bei Hyperkapnie Fokus auf PS
  • Bei unklarer Situation kann ein (nicht evidenzbasierter) Mittelweg mit den eingängigen Einstellungen „5-5-100“ helfen
  • In jedem Fall müssen die Einstellungen zeitnah an Patient:in, Klinik und Parametern (inkl. BGA) angepasst werden
NIV

Invasive Beatmung

Aktive Beatmung über Endotrachealtubus oder Tracheostoma (oder überbrückend bis zur definitiven Atemwegssicherung via supraglottischer Atemwegshilfe - SGA)

Invasive Beatmung via SGA im Notfall

Als Überbrückung kann auch über einen gut platzierten supraglottischen Atemweg im Notfall beatmet werden.

Problmatisch ist dies jedoch bei längerer Beatmung (Aspirationsrisiko), höheren Beatmungdrücken (inadäquate Beatmung, Aspiration, Mageninsufflation) und vor allem laufender Reanimation (Herzdruckmassage), da oft insuffizienze Oxygenierung und insb. auch Ventilation mit Hyperkapnie.

INV-Indikationen

Einstellung INV

(pragmatische Empfehlung)

INV - allgemeine Einstellungsmöglichkeiten

Auswahl zentraler Einstellungen (Geräte- und Beatmungsform-abhängig)

  • Allgemein:
    • FiO2
    • maximale Druckbegrenzung
    • Rampe
  • Druckkontrollierte Beatmung:
    • PEEP
    • Pinsp
    • AF
    • Inspirationszeit (oder I:E)
  • Volumenkontrollierte Beatmung:
    • PEEP
    • VT
    • AF
    • Inspirationszeit (oder I:E)

Reanimationssituation:

Gefahr, dass durch Thoraxkompression Druckbegrenzung des Beatmungsgerät ausgelöst und Beatmungshübe abgebrochen werden! Daher:

  • Volumenkontrollierte Beatmung (VC)
  • Druckbegrenzung (pmax) auf höchstmögliche Einstellung („maximal“) - oft 60-80mbar (oder "Reanimationsmodus"/"CPR-Modus")

Allgemeine Notfallpatient:innen:

Kein kein Konsens für „optimale“ Beatmungsform. Pragmatisch:

  • Kritische (post- bzw. potentiell prä-)Reanimationssituation → VC-Beatmung
    (Vermeidung von nicht bemerkter Hypoventilation bei zu geringen Beatmungsdrücken / Veränderung der Lagerung etc.)
  • Stabile Patient:innen → Wahl der Beatmungsform nach Klinik, Erfahrung, Vorgaben des Hauses. In D druckkontrollierte Beatmungsformen weit verbreitet (s. Grafik unten). 

    Wichtig: Bei druckkontrollierter Beatmung müssen „Standard-/Start-Einstellungen“ frühzeitig und engmaschig evaluiert und an individuelle Pat.-Charakteristika angepasst werden!
INV

Beatmungsziele und - Anpassung

Lungenprotektive Beatmung

Grundsätzlich: Ziel = Vermeidung von Barotrauma der Lunge - daher möglichst lungenprotektive Beatmung anstreben, insb. bei pulmonal erkrankten Patienten (ARDS, COPD, Emphysem) schnellstmöglich nach Beatmungsbeginn:

  • Atemzugvolumen (VT) 6-8ml/kg
    • Zielparameter: Ideales Körpergewicht (IBW), siehe Tabelle
  • Inspiratorischer Beatmungsdruck <30 mbar (Pinsp, besser Pplat)
  • Driving Pressure <15 mbar (Differenz zwischen Pplat und PEEP, auch: „Schere“, „Delta“)

Insb. bei schwerer Hyperkapnie oder vorerkrankten Patient:innen muss häufig ein Kompromiss zwischen protektiver Beatmung und ausreichender Oxygenierung sowie Decarboxylierung gefunden werden.

Tidalvolumen-Ziel nach idealem Körpergewicht

Größe (cm)

Ziel-VT Frau (ml)

Ziel-VT Mann (ml)

155

285

315

160

310

340

165

340

365

170

365

395

175

390

425

180

420

450

185

450

475

190

475

510

195

500

530

Beatmungsprobleme

Bei akutem Beatmungsproblem (plötzlicher Abfall spO2, Zyanose, CO2-Abfall/-Anstieg, unerklärbare Notfall-Alarmierung des Beatmungsgeräts) ist strukturiertes Vorgehen wichtig. Klassischer Fehler: Verzweifeltes Anpassen von Beatmungsparametern während z.B. der Tubus durch Sekret verlegt abgeklemmt ist.

Hilfreiches Akronym: DOPES / HAND (Kombination aus häufigen Ursachen und parallel abzuarbeitendem Vorgehen). Wichtigster / erster Schritt: Patient:in an Beutel nehmen.

DOPES / HAND

DOPES

Ursachen von akuten Beatmungsproblemen "DOPES"
  • D islokation (Tubus)
  • O bstruktion (Beatmungssystem Tubus)
  • P atient:in (Kreislaufversagen/-stillstand; Pneumothorax; Pressen)
  • E quipment (Beatmungsgerät - Defekt, Einstellungen; Beatmungsschlauch; Sauerstoff-Anschluss defekt etc.)
  • S tomach (Magen z.B. wegen kürzlicher Maskenbeatmung überbläht?) → insb. bei Kindern relevant
Vorgehen bei akutem Beatmungsproblem "HAND"
  • H and: Patient:in manuell mit Beatmungsbeutel und FiO2 1,0 beatmen:
    • Hören (Atemgeräusche? Rassel-/Nebengeräusche? Cuffleak?)
    • Sehen (Thoraxexkursion? Tubuslage (Fixierung Zahnreihe)? Hinweis auf "Pressen"?)
    • Fühlen (Wie „fühlt“ sich die Beatmung an?)
  • A bsaugen (problemloses Einführen des Absaugkatheters bestätigt auch die Durchgängigkeit des Tubus)
  • N eueinstellung Beatmungsgeräte
    • Sind aktuelle Einstellungen sinnvoll? Wurden diese vielleicht akzidentiell verändert?
    • Air-Trapping (iPEEP) insb. bei Obstruktion (COPD/Asthma)?
  • D iagnostik
    • Thoraxsonographie (Pneumothorax? B-Lines?)
    • (Arterielle) BGA
    • Schock-Sonographie“ bei V.a. Kreislaufdepression
    • Evtl. Röntgen (CAVE: Hier oft Zeitverzögerung, je nach Verfügbarkeit!)
    • Evtl. Bronchoskopie

Beatmungsanpassung

Allgemeine Anpassungen der Beatmung abseits des akut kritischen Notfalls (sonst s. DOPES/HAND).
Pragmatisches Vorgehen nach vorrangigem Problem: "Oxygenierungsproblem vs. Decarboxylierungsproblem"

Oxygenierungsproblem (Hypoxie)

→ Vorgehen:

  • Erhöhung FiO2
  • Erhöhung PEEP
Hintergrund: Oxygenierung + PEEP

FiO2 verbessert insb. kurzfristig die Oxygenierung, für eine nachhaltig gute Oxygenierung ist PEEP jedoch wichtiger!

O2 hat eine 10x kleinere Diffusionskapazität als CO2 (12-20 ml/mmHg/min vs. 150-250 ml/mmHg/min), daher ist eine große Lungenoberfläche zur O2 Aufnahme notwendig. Durch den PEEP werden Atelektasen geöffnet und offen gehalten - eine größere Gasaustauschfläche bei geringerem funktionellem Shunt ist die gewünschte Folge. Der optimale PEEP kann mit sog. „Best-PEEP“ Manövern bestimmt werden. In der Akutversorgung ist die Verwendung von Tabellen zur schnellen Abschätzung des korrekten PEEP anhand des benötigten FiO2 aber einfacher (siehe PEEP Tabelle).

FiO2 und PEEP sollten immer parallel betrachtet und anhand der PEEP Tabelle (s.unten) angepasst werden!

PEEP-Tabelle (PEEP/FiO2)

FiO2

PEEP (mmH2O)

0,3 (30%)

5

0,4 (40%)

5

0,45 (45%)

8

0,5 (50%)

8

0,55 (55%)

10

0,6 (60%)

10

0,7 (70%)

10

0,75 (75%)

12

0,8 (80%)

13

0,85 (85%)

14

0,9 (90%)

15

0,95 (95%)

16

1,0 (100%)

>16

Decarboxylierungsproblem (Ventilationsproblem / Hyperkapnie)

→ Vorgehen:

  • Erhöhung AMV z.B. via AF↑, Inspirationszeit↓
  • Sonderfall massive Obstruktion (z.B. Status Asthmaticus)
    • AF↓ (8-10)
    • I:E min. 1:2 bis 1:4
    • steile/keine Rampe
    • CAVE: „air trapping“ - Flowkurve beachten!
Hintergrund: Decarboxylierung + AMV

Ventilation: Steuerung über Atemminutenvolumen (AMV höher → mehr CO2 Elimination)

Durch die hohe Diffusionskapazität von CO2 reicht eine geringe Lungenoberfläche zur Elimination aus, allerdings muss über die Ventilation ein Abatmen und damit ein ausreichender Diffusionsgradient in der Lunge ermöglicht werden. Ein zu hohes Atemzugvolumen ist nicht lungenprotektiv, daher wird das Atemminutenvolumen insb. über die Atemfrequenz geregelt.

Bei hohen Atemfrequenzen muss darauf geachtet werden, dass das richtige Inspiration zu Expiration Verhältnis (I:E) gewählt wird. Wird die Inspiration verkürzt, werden höhere Inspirationsdrücke für ein gleichbleibendes VT benötigt. Ist die Exspiration zu kurz, kommt es zu „Airtrapping“ – es verbleibt bei jedem Atemzug Ausatemluft und die Lunge wird langsam überbläht (s. Beatmungskurven oben). In der Praxis muss daher insb. bei obstruktiven Atemwegs-Erkrankungen oft ein Mittelweg zwischen lungenprotektiver Beatmung und ausreichender Ventilation gewählt werden.

Sedierung / "Pressen"

Auch bedenken: Ist Sedierung ausreichend? Ggf. “Pressen” bei zu flacher Sedierung, insb. bei Manipulation, Lagerung, Schmerzreiz.

Vorgehen: Tiefere Narkose / Bolusgabe Narkotikum, im Worst Case / Notfall: Relaxierung erwägen.

Interessante Links (frei zugänglich)
Literatur
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