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Killer

  • Hämorrhagischer Schock, insb. bei
    • Ösophagusvarizenblutung

Erste Schritte

  • Pat. stabil / instabil?
    • Instabil / V.a. hämorrhagischer Schock:
    • Stabil:
      • Fokussierte Anamnese, insb.: Zeitlicher Verlauf, Antikoagulation, abdominelle Vorerkrankungen / OPs
        • Risikofaktoren für variköse Blutung?
      • Spezifische Therapie nach Risikokonstellation und vermuteter Lokalisation
        • Bei unklarer Lokalisation: Zunächst Therapie wie bei oberer GI-Blutung (deutlich häufiger) + rasche Gastroskopie

Tipps

  • V.a. obere GI-Blutung: Frisches Bluterbrechen, Hämatinerbrechen („Kaffeesatzerbrechen“), Teerstuhl (meist obere GI-Blutung, kann auch bei unterer GI-Blutung auftreten)
    • Hinweise auf variköse Blutung: Bekannte Ösophagusvarizen, Leberzirrhose (oder sonografischer Verdacht), (langjähriger) Alkoholabusus, Aszites, Leberwert
  • V.a. untere GI-Blutung: Frisches Blut ab ano (Hämatochezie), Z.n. Coloskopie/OP
  • Symptomatik oft diffus, nach Teerstuhl oder Blut im Stuhl aktiv fragen!
    • Genaue Nachfrage nach Blutungsart, gerade weil es unangenehm ist: Manchmal wird etwas Blut am Toilettenpapier als „gastrointestinale Blutung“ verstanden (ist es meist nicht), manchmal wird bei der Frage „Blut im Stuhl?“, der Teerstuhl nicht erwähnt.

Obere GI-Blutung

Obere GIBlutung
Endoskopie - Wann?

Generell gilt: Instabile Pat = Endoskopie „So schnell wie möglich“
(Frühzeitig Kontakt mit Endoskopie aufnehmen), auch unabhängig davon, ob Laborergebnisse/ Gerinnungsparameter vorliegen.

Eine Notfall-Endoskopie (= <12h) ist vor allem bei möglicher variköser Blutung und unter doppelter Thrombozytenhemmung oder therapeutischen Antikoagulation empfohlen.

Hochrisiko-Patient:innen (Glasgow-Blatchford-Score ≥12) sollten binnen 24h (besser 12h) endoskopiert werden - bis dahin engmaschiges Monitoring, z.B. auf IMC-Station.

Checkliste Obere GI-Blutung

  • 2 großlumige iv.-Zugänge
  • Pantoprazol 80mg iv. KI
  • Transfusion und Gerinnungstherapie nach Klinik (CAVE: bei massiver Blutung oft verzögerter Hb-Abfall)
    • Tranexamsäure nicht empfohlen / vermutlich nicht hilfreich
  • ggf. Erythromycin 250mg iv. KI 30-120mg vor Endoskopie zur Magenentleerung
  • Risikostratifizierung z.B. mit Glasgow-Blatchford-Score (s. unten)
  • Bei v.a. variköse Blutung
    • Vasokonstriktor iv. (z.B. Terlipressin 2mg iv. Bolus)
    • Antibiotikum iv. (z.B. Ceftriaxon 2g iv.)
    • Rasche Endoskopie
      • Bei Bestätigung variköser Blutung Ceftriaxon 2g /24h für 5-7 Tage weiter, Terlipressin 1mg /6h für 3-5 Tage)

Sonderfälle:

  • Endoskopisch unstillbare Blutung

Risikoeinschätzung bei oberer GI-Blutung
Modifizierter Glasgow-Blatchford-Score

  • ≥ 12 Punkte: Hochrisiko! Intervention innerhalb von 24h
  • 0-1 Punkte: Niedrigrisiko, nach Score ggf. ambulante Versorgung möglich
  • Unabhängig von Score: Pat. mit klinischen Schockzeichen = V.a. hämorrhagischer Schock!

Parameter

Werte

Punkte

Herzfrequenz
/min

> 100

1

Blutdruck (syst.)
mmHg

109 - 100

1

99 - 90

2

< 90

3

Harnstoff
mg/dl

40 - < 48

2

48 - < 60

3

60 - < 150

4

≥ 150

6

Hämoglobin

gilt nur bei ♂
12-13 g/dl
7,4-8 mmol/l

1

10-11,9 g/dl
6,2-7,39 mmol/l

3

< 10 g/dl
< 6,2 mmol/l

6

Hinweis Glasgow-Blatchford Score Leitlinie Obere GI-Blutung Gastroenterologie 2017

In der S2k-Leitlinie Gastrointestinale Blutung (Stand 31.05.2017, gültig bis 30.05.2022; Leitlinie laut AWMF aktuell in Überarbeitung) wird der modifizierte Glasgow-Blatchford-Score dargestellt.

Die Berechnung von Harnstoff sind allerdings nicht entsprechend den Originalpublikationen und zu niedrig.

In der Originalpublikation von Blatchford et. al. wird "Blood Urea" (Harnstoff) in der Berechnung genutzt. In dieser Publikation beträgt der niedrigste Grenzwert 6,0 mmol/l = entspricht 39 mg/dl, der höchste Wert 25 mmol/l = entspricht 150 mg/dl.
In der Publikation des modifizierten Glasgow-Blatchford-Scores von Cheng et. al. wird "BUN" (Blood Urea Nitrogen) genutzt, hier sind die Grenzwerte allerdings andere; der untere Grenzwert beträgt 19 mg/dl (entspricht etwa Harnstoff 40mg/dl) und der oberste Grenzwert beträgt BUN 70 mg/dl (entspricht etwa Harnstoff 150mg/dl).

In der deutschen Leitlinie wurde (soweit nachvollziehbar) in der Tabelle der BUN-Wert von Chen et. al. als "Harnstoff" übernommen ohne umzurechnen.

Untere GI-Blutung

Checkliste untere GI-Blutung

  • Hämorrhagischer Schock/instabile Patient:in:
    • Stabilisierung (ggf. Gerinnungstherapie und Transfusion)
    • Schnellstmögliche Gastroskopie (da obere GI-Blutung deutlich häufiger; auch bei klinischem V.a. untere GI-Blutung)
    • Koloskopie außer als "Ultima Ratio" erst nach Abführen sinnvoll (Abführen stillt meist die Blutung) - Ausnahme Nachblutung nach frischer Kolo
    • Blutungsquelle nicht lokalisierbar („last resort“): Angio-CT (Blutungsquelle?) ggf. OP oder radiologische Intervention
  • Patient:in stabil:
    • Abführen, Coloskopie im stationären Verlauf
    • Bei V.a. Hämorrhoidenblutung ggf. primär Rektoskopie

Andere Ursachen rektaler Blutungen

Bei perianalen Schmerzen / Entzündungen ohne Blutabgang: Siehe Abszess und lokale Entzündung.

Hämorrhoiden

Häufige Erkrankung; V.a. bei Adipositas / in der Schwangerschaft vermehrt auftretend. Manchmal von außen zu sehen (bei Hämorrhoidenprolaps).

Klinik:

  • Primär schmerzlose peranale Blutungen, v.a. während Stuhlgang (üblicherweise frisch-helle Blutauflagerung)
    • führt selten zu Anämie
  • Perianale Schwellungen oder Prolaps
  • Juckreiz, Nässen, Brennen
  • Schmerzen nur bei Komplikationen wie Hämorrhoidalthrombose, Analprolaps, inkarzeriertem throbosierten Hämorrhoidalprolaps, lokaler Entzündung bzw. Fissur, Fistel.
Einteilung Hämorrhoiden
  • I°  nur proktoskopisch sichtbar
  • II°  Prolaps bei Defäkation / Pressmanöver - reponiert sich spontan
  • III°  Prolaps bei Defäkation / Pressmanöver - nur manuell reponibel
  • IV°  Prolaps permanent fixiert – nicht reponibel 


Checkliste V.a. Hämorrhoiden

  • DRU
    • Hämoccult Tests nicht zielführend
  • Zeitnahe Proktoskopie
    • Andere Blutungsquellen (untere GI-Blutung) im Hinterkopf behalten. Ggf. Rektoskopie / Koloskopie im Verlauf bzw. zum Ausschluss anderer Ursache, insb. bei Anämie.
  • Meist keine stationäre Abklärung nötig, primär konservative Therapie
    • Stuhlregulierende Maßnahmen (Trinkmenge min. 2l/Tag, ballaststoffreiche Ernährung, ev. Leinsamen (o.Ä.), ggf. Macrogol / Lactulose)
    • Symptomatische Therapie mit Hämorrhoidal-Salbe (lokal), ggf. systemische Analgesie
      • Im Verlauf ggf.Sklerosierung oder Gummibandligatur
    • Ausnahme: Inkarzeriert-thrombotischer nekrotischer Hämorrhoidal-Prolaps: Zeitkritische proktologische OP zur Vermeidung von lokalem Sepsisfokus

Analfissur

Eher selten in der Notaufnahme. Schmerzhafter, peranaler (Schleim)hautdefekt durch mechanische Überdehnung z.B. bei hartem Stuhlgang.

Klinik:

  • Schmerzhaft beim und/oder nach Stuhlgang
    • dabei oft Abgang von hellrotem Blut

Checkliste Analfissur

  • Inspektion, ggf. vorsichtige DRU (andere Problematik?)
  • Konservative Therapie:
    • Analgetische Salbe
    • Stuhlregulierende Maßnahmen (Trinkmenge min. 2l/Tag, ballaststoffreiche Ernährung, ev. Leinsamen (o.Ä.), ggf. Macrogol / Lactulose)
  • Meist keine stationäre Abklärung nötig

Weiterführende Literatur und Links

Interessante Links (frei zugänglich)
Literatur
  • Sarraf, A. A. Pharmakotherapie bei gastrointestinalen Notfällen. Notf. Rettungsmedizin 26, 218–223 (2023).
  • DGVS. S3-Leitlinie Colitis ulcerosa (Version 6.1). AWMF (2023).
  • Atreya, R. et al. S3-Leitlinie Diagnostik und Therapie des Morbus Crohn. Z. für Gastroenterol. 60, 332–418 (2022).
  • Wiesenberg, A., Rockmann, F. & Schwandner, O. Proktologische Notfälle. Notaufnahme up2date 3, 127–149 (2021).
  • Roberts, I. et al. Effects of a high-dose 24-h infusion of tranexamic acid on death and thromboembolic events in patients with acute gastrointestinal bleeding (HALT-IT): an international randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet 395, 1927–1936 (2020).
  • Fandler, M. & Kleophas, A. Obere gastrointestinale Blutung. Notaufnahme up2date 2, 6–8 (2020).
  • Götz, M. et al. S2k-Leitlinie Gastrointestinale Blutung. Z. für Gastroenterol. 55, 883–936 (2017).
  • Cheng, D. W., Lu, Y. W., Teller, T., Sekhon, H. K. & Wu, B. U. A modified Glasgow Blatchford Score improves risk stratification in upper gastrointestinal bleed: a prospective comparison of scoring systems. Aliment. Pharmacol. Ther. 36, 782–789 (2012).
  • Blatchford, O., Murray, W. R. & Blatchford, M. A risk score to predict need for treatment for uppergastrointestinal haemorrhage. Lancet 356, 1318–1321 (2000).

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