1. Leitsymptome
  2. Kopf und Neuro

Spezielle HNO-Notfälle

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Killer

Red Flags

  • Kloßige Sprache, Schluckbeschwerden, Speichel kann nicht geschluckt werden
  • Stridor
  • Dyspnoe
  • Massive Blutung / V.a. Aspiration
  • Schwere Immunsuppression

Erste Schritte

Kritisch krank wirkende Patient:innen:

  • Hochdosierte Sauerstoffgabe
  • Oberkörperhochlagerung
  • Starke Schmerzen: Analgesie
  • Atmung
    • Stridor = Hinweis auf Verlegung / Einengung Höhe Larynx oder Trachea
    • Pulmonale Auskultation (seitengleich?)
  • Sprachbild
    • Kloßige Sprache = Hinweis auf Verlegung im Bereich des Oro- und Hypopharynx
    • Heiserkeit = Hinweis auf Affektion der Larynxebene
  • Bei V.a. Atemwegsschwellung notfallmäßige Atemwegssicherung frühzeitig antizipieren (Videolaryngoskopie, ggf. fiberoptische Wachintubation in Koniotomiebereitschaft)
  • Starke / relevante Blutung: Siehe Rachenblutung
Fokussierte HNO-Untersuchung (bei stabilen Pat.)
  • Inspektion/ Palpation allgemein
    • Rötung der Haut/ äußerliche Schwellung im Gesicht, Nacken, Wangen, Hals? (bei Schwellung ggf. sonographische Kontrolle: Lymphknoten, Schwellung der Drüsen, etc.)
    • Ohrmuschel Intakt? Verletzungen? Tragusschmerz, Ohrmuschelzugschmerz?
    • Mastoid: Gerötet? Schwellung? Abstehendes Ohr? Klopf- /Druckschmerz?
    • Sekretaustritt aus Gehörgang
    • Druckdolente Nervenaustrittspunkte (z.B. Sinusitis)
    • Schmerzhafte Palpation der Drüsen? (z.B. Sialolithiasis / Parotitis)
  • Abtasten der Lymphknotenstationen (ggf. sonographische Untersuchung)
    • Lymphadenitis (Hinweis auf entzündliches Geschehen)
  • Enorale Inspektion
    • Mundöffnung ohne Probleme / Trismus (Krampf der Kaumuskulatur)?
    • Enorale Schleimhaut vollständig betrachten (ggf. vorher Gebiss entfernen, Zahnstatus, Zunge geschwollen, Mundboden mitbeurteilen)
  • Endopharyngeale Inspektion
    • Tonsillen vergrößert, belegt? (Ohne endolaryngeale Inspektion können nur die Gaumen, nicht aber die Rachenmandeln gesehen werden)
    • Rachenhinterwand reizlos, Gaumenbogen symmetrisch, vorgewölbt?
    • Uvula schlank und mittig?
    • Sekret? (bei Epistaxis: Blut an der Rachenhinterwand?)
  • Endonasal
    • immer beidseits untersuchen, Hinterkopf hierbei anlehnen lassen.
    • Falls ggf. endolaryngeale Inspektion folgt: Welches Nasenloch lässt mehr Platz?
    • Schleimhaut gereizt? Muscheln vergrößert? Polypen sichtbar?
    • Septumdeviation?
  • Flexible Endoskopie (wenn möglich)
    • möglichst unnötige Manipulationen vermeiden
    • Während der Endoskopie sollten die Patient:innen den Mund geschlossen halten und durch die Nase weiter atmen
    • Erneute Beurteilung endonasal, Frage nach Sekret, Schleim? Beurteilung der Rachenmandeln, ggf. Sichtung der Tubenostien
    • Stimmritzen beurteilen (inklusive Beweglichkeit, Pat. „hihihi“ sagen lassen)
  • Otoskopie
    • mittels Otoskop, ggf. wenn vorhanden mittels Endoskop; mmer bds. untersuchen , immer das gesunde Ohr zuerst (Vermeidung einer Keimverschleppung): Ohrmuschel nach hinten oben ziehen
    • Gehörgang reizlos, feucht oder trocken?
    • Trommelfell intakt, zart/rosa, regelrecht spiegelnd? Oder verfärbt, gerötet/injiziert, vorgewölbt (Erguss/ Infektion) oder retrahiert (Tubenbelüftungsstörung)? Paukenerguss bzw. Flüssigkeitsspiegel sichtbar? Valsalva möglich (Beweglichkeit des Trommelfells, Tubenfunktion und Belüftung intakt? Bei Valsalva aufsteigende Bläschen sichtbar bei vorhandenem Erguss?)
    • Bei verlegten Gehörgang eher kein blindes Absaugen empfohlen; eher Überweisung zu HNO zur gezielten Entfernung von Cerumen
  • Neurologische Untersuchung (siehe Neuro-Untersuchung)
    • Fokus: Neue neurologische Defizite (insb. im Bereich des N. facialis und N. trigeminus, Fazialisparese, Nystagmus, Doppelbilder, Visusminderung), Nervenaustrittspunkte abtasten (Nasennebenhöhlen)
    • Hinweise auf Meningitis?
    • Begleitsymptome wie Schwindel, Hörminderung, Ohrgeräusche?
  • ggf. Stimmgabeltests
    • Weber (Knochenleitung): Stimmgabel wird angeschlagen, mittig auf den Kopf gesetzt
      • Normalbefund: Ton/ Vibration wird mittig wahrgenommen
      • Pathologisch: Lateralisierung (bei Defekt der Innenohr/ Knochenleitung wird in das gesunde Ohr lateralisiert, bei einer Schallleitungsstörung (insbesondere Mittelohr) wird ins kranke Ohr lateralisiert)
    • Rinne (Mechanik des Innenohrs, vergleicht Luft- und Knochenleitung):
      • Luftleitung: Stimmgabel vor dem Ohr
      • Knochenleitung: Stimmgabel auf dem Mastoid aufgesetzt
        • Normalbefund (oder Ausfall des Innenohrs): Luftleitung wird lauter wahrgenommen als Knochenleitung
        • Pathologisch bzw. Ausfall der Luftleitung (Paukenerguss, Mittelohrschaden) wenn Knochenleitung (Ton auf dem Mastoid) lauter wahrgenommen wird
    • Cave: Nur bestimmte Frequenz wird geprüft, kann ggf. eingeschränkt sein bei vorliegender Hörminderung / Presbyakusis

Tipps

Allgemeine Diagnostik bei HNO-Erkrankungen: Die weiterführende bildgebende Diagnostik ist meist das CT (wenn verfügbar ggf. MRT). Labordiagnostik macht bei V.a. bedrohliche Entzündung Sinn, Sonographie kann erfolgen (je nach Expertise) zur Beurteilung von Lymphknoten, Drüsen sowie ggf. weiterer Strukturen (Atemwege / Stimmbänder etc.)

Fokus Präklinik

  • Angioödem mit Atemwegsverlegung
  • Tracheostoma-Notfall
    • Sauerstoffgabe
    • Kanüle Absaugen (durchgängig?)
      • Keine adäquate Oxygenierung, Kanüle durchgängig: Beatmungsbeutel an Tracheostoma, assistiert beatmen mit O2 100%
    • Falls nicht durchgängig - Trachealkanülen-Wechsel
      • Wichtig vorab:
        • Ist Pat. laryngektomiert? (Wenn ja: Kein Intubation durch Mund/Rachen möglich!)
        • Gibt es Ersatzkanülen in der passenden Größe (besser als Tubus)
      • Wenn möglich Führungsstab (optimal: Bougie) in aktuelle Trachealkanüle einführen (sonst bereithalten)
      • Alte Kanüle entfernen, absaugen
      • Neue Kanüle platzieren (blocken, je nach Konstruktion)
        • Falls keine Kanüle vorhanden: Kleiner Tubus (z.B. 6.0)
    • Details s. unten:

Angioödem

Akute Schwellung. Meist Lippen, Zunge und Rachen sowie oberen Atemwege, Augenlider, GI-Trakt (Bauchschmerz?), Genitalien (z.B. Skrotum), Extremitäten

Hochrisiko-Zeichen:

  • Inspiratorischer Stridor und Dyspnoe
  • Kloßige Sprache
  • Speichel Schlucken nicht mehr möglich

Unterscheidung:

  • Histamin-vermitteltes Angioödem (Anaphylaxie)
  • Bradikinin-vermitteltes ("nichtallergisches") Angioödem
    • C1-Inhibitor-Mangel
      • angeboren: Hereditäres Angioödem (+ Auslöser z.B. Stress, Trauma, OP, Infektion, Schwangerschaft)
      • erworben: insb. durch maligne Erkrankungen / B-Zell Lymphome
    • Medikamenten-vermittelt: typisch ACE-Hemmer, AT-Blocker (Sartane), ARNI (Angiotensin Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor)
      • Auftreten auch nach jahrelanger Einnahme möglich
Angioödem - Unterscheidungshilfen

Angioödem - Formen:

Histamin-vermittelt
"klassische Anaphylaxie"

Bradikinin-vermittelt

Akuter Auslöser

Kontakt mit Allergen

evtl. "Trigger", z.B. Trauma, OP, Infektion, Schwangerschaft

Juckreiz / Urtikaria

Meistens

Nein

Generalisierte Symptome

Möglich, bis hin zu distributivem Schock / Bronchospasmus

Nein

Ansprechen auf
Antihistaminika / Kortikoide

Ja

Nein

Ausbreitung

Generalisiert / seitengleich

Asymmetrisch, teils einseitig

Checkliste nichtallergisches Angioödem

  • Immer zusätzlich Anaphylaxie-Therapie!
  • Bei rascher Progredienz der oropharyngealen Schwellung: Frühzeitige Atemwegssicherung erwägen (CAVE schwieriger Atemweg!)
    • Intubation meist notwendig bei Stridor, Dyspnoe, Hypoxie
  • Spezifizische Therapie
    • (Bekanntes) hereditäres Angioödem:
      • C1-Esterase-Inhibitor (Berinert®) 20IE/kg iv. oder
      • rekombinanter C1-Esterase-Inhibitor (Ruconest®) 50IE/kg iv. (ab >84kg: 4200IE iv.) oder
      • Bradykinin-Inhibitor Icatibant (Firazyr®) 30mg sc.
    • V.a. medikamentenassoziiertes Angioödem:
      • evtl. Icatibant (Firazyr®) 30mg sc.
        (schwache Evidenz)
      • Falls notwendig: Atemwegssicherung nicht verzögern!
Atemwegssicherung Angioödem - Herausforderungen

Die Fragestellung nach einer notwendigen Intubation ist in der Praxis sehr schwierig, evidenzbasierte Trigger zur Atemwegssicherung existieren nicht.

Relevant zur Entscheidung ist insbesondere die posteriore Zungenschwellung und das Larynxödem, weniger die vordere Zungen- und Lippenschwellung.

Bei akuter Atemnot oder rascher Progredienz der Schwellung umgehend Atemwegssicherung durchführen. Sonst zur Indikationsstellung möglichst Rhinoskopie durch HNO.

Atemwegssicherung immer durch erfahrenste Person, bei entsprechender Kompetenz fieberoptische Wachintubation in Erwägung ziehen. Durch Intubationsversuch kann die Schwellung akut zunehmen, immer primär mit optimalem Equipment (Videolaryngoskop, Bougie) sowie Koniotomiebereitschaft!

  • Anamnese - Auslöser?
    • Medikamentenanamnese: Wenn Pat. ACE-Hemmer (inkl. Sartane oder ARNI) in der Medikation hat, gilt das Angioödem bis zum Beweis des Gegenteils als medikamenteninduziert
    • Stress (z.B. Infekt, operativer Eingriff)?
  • Disposition:
    • Überwachung für mindestens 24 Stunden (zweiter Peak ist möglich)
    • Vorgehen entsprechend der vermuteten Ursache bei Erstmanifestation
      • Verdächtige Medikamente in der Hausmedikation absetzen
      • Keine erklärende Medikation: Diagnostik empfehlen (s. unten)
      • Bekanntes hereditäres Angioödem mit erneuter Exazerbation: Zeitnahe HNO-Vorstellung, ggf. Verschreibung von Prophylaxe / Notfallmedikation
  • Diagnostik im Verlauf:
    • Bei V.a. hereditäres Angioödem im Verlauf (stationär, ambulant) Screening durch Bestimmung von C4 (immer vermindert, auch im Intervall), falls erniedrigt: Bestimmung von C1-INH-Konzentration und -Aktivität

Tracheostoma-Notfälle

Hintergrund

Patient:innen mit Tracheostoma haben üblicherweise einen Grund für die Tracheotomie und keine Alternative zu diesem Atemweg. Bei allen tracheotomierten Pat. sollte daher immer in Griffweite eine frische Kanüle in der korrekten Größe sowie Ausrüstung zum Wechsel griffbereit liegen.

Manchmal nutzen Patiente:innen auch einen “Sprechaufsatz”, welches als Ventil zwischen Kanüle und (etwaige) Beatmung aufgesteckt wird, oder eine Sprechkanüle, die gegen die Trachealkanüle ausgetauscht werden kann (die Sprechkanüle ist daher ungeblockt!).

Formen des Tracheostomas:

  • Dilatativ angelegt (die Indikation hierfür ist meistens transient, z.B. bei prolongierter Beatmung auf Intensivstation)
  • Chirurgisch angelegt (die Indikation sind meist chronische Erkrankungen z.B. anhaltendes Koma, hoher Querschnitt, neuromuskuläre Erkrankung oder Tumor-Erkrankung)

Wichtigst Frage bei chirurgisch angelegtem Tracheostoma:

Ist der Larynx erhalten (eine Intubation zur Atemwegssicherung als theoretische Atemwegs-Alternative ist möglich) oder wurde laryngektomiert (häufig bei Malignomen, die Intubation stellt auch theoretisch keine Alternative mehr dar da keine Verbindung zwischen Mund/Rachen und Trachea mehr besteht)

Typische Notfälle bei Pat. mit Tracheostoma: 

  • Dyspnoe v.a. bei Verlegungen oder Dislokation: Absaugung oder Trachealkanülen-Wechsel notwendig
  • Blutungen 
    • Kleinere Blutungen (Tumor, Tracheitits nach Bestrahlung, Infektionen wie Pneumonie, mangelnde Befeuchtung, Verletzung durch die Kanüle selbst) 
    • Größere Blutungen entstehen meistens unter der Anlage durch Verletzung der Schilddrüsengefäße oder V. brachiocephalica und sind selten in der Notfallmedizin
  • Infektion / Entzündung am Tracheostoma

Dyspnoe

Checkliste Dyspnoe bei Tracheostoma

  • O2-Gabe über Tracheostoma (bei Unklarheit ob laryngektomiert: O2 jeweils über Tracheostoma und Mund/Nase)
  • Tracheostoma Absaugen (Sekret? Durchgängig?)
    • Trachealkanüle (teilweise) durchgängig + keine adäquate Oxygenierung:
      • Beatmungsbeutel anschließen, (assistiert) beatmen mit FiO2 100% - dann:
      • Dünnes Bronchoskop / flexible Fiberoptik: Lage korrekt? Durchgängigkeit?
        • Trachealkanüle primäres Problem → Wechsel Kanüle (s. unten)
        • Anderes Problem (Infekt, Lungenödem) → kausale Therapie!
  • Trachealkanüle nicht durchgängig + keine adäquate Oxygenierung
    → Wechsel Kanüle!

Wechsel Trachealkanüle

Checkliste Wechsel Trachealkanüle

  • Verstärkung holen (HNO, wenn verfügbar)
    • Bronchoskop/flexible Fiberoptik bereithalten
  • Ersatz-Trachealkanüle vorbereiten
    • keine Kanüle verfügbar: Woodbridge-Tubus (Größe 6,0)
    • kein Woodbridge-Tubus verfügbar: Endotracheal-Tubus (Größe 6,0)
  • Bougie oder weichen Absaugkatheter mit abgeschnittenem „Anschlussstück" als Schienung einbringen, falls Kanüle noch minimal durchgängig
  • Aktuelle Kanüle entblocken und entfernen (optimal unter Absaugung)
    • Mit Nasenspekulum (o.Ä.), Öffnung möglichst aufhalten
  • Neue Trachealkanüle einführen und blocken
    • Falls Tubus: Nur bis zum Verschwinden des Cuffs in Trachea vorführen
    • Erschwertes Einführen: Bronchoskop/Fiberoptik einsetzen
  • Lagekontrolle:
    • Cuffdruckmessung (Ziel: ca. 20-30 cmH2O)
    • Auskultation (insb. bei Tubus: zu tief/einseitig beatmet?)
    • Besserung mit O2-Gabe?
  • Wechsel nicht möglich („Loch ist zu“): Intubation/Notfalltracheotomie
    • Versuch der orotrachealen Intubation (außer bei laryngektomierten Pat., hier keine orotracheale Verbindung vorhanden = Intubation unmöglich)
  • Intubation und Rekanülierung nicht möglich + kritische Hypoxie:
    • Chirurgischer Atemweg (erneute Notfalltracheotomie) auf Höhe der existenten Tracheostomaöffnung, evtl. Erweiterung nach kaudal - wenn verfügbar durch HNO! Mit (Schilddrüsen-)Blutung rechnen!

Blutung / Infektion

Blutung: Lokale Blutung am Tracheostoma-Eingang (oft Tupfer ausreichend, ggf. Umstechung).
Wichtigste DD: pulmonale Blutung (Hämoptoe)

Infekt/Entzündung am Tracheostoma: HNO-Vorstellung, dann meist Kanülenwechsel; ggf. Bildgebung (CT) bei ausgeprägtem Weichteilbefund DD Abszedierung

HNO-Fremdkörper

  • Fremdkörper in den Atemwegen (typisch: akuter Beginn, starker Hustenreiz) s. Fremdkörperaspiration
  • Ingestierter Fremdkörper s. Fremdkörperingestion
  • Otogener Fremdkörper: Entfernung durch HNO, Dringlichkeit der Verlegung / Vorstellung mit HNO besprechen.

Risikopat. allgemein:

  • Kinder (Spielzeug, Nahrungsmittel, Münzen)
  • Erwachsene mit neurologischen oder psychiatrischen Grunderkrankungen (insb. Schluckstörung), meist Nahrungsmittel wie Fleisch, Fisch
  • Z.n. Trauma (Zahn, zahnärztliches Ersatzmaterial)

Nasaler Fremdkörper

Ein nasaler Fremdkörper sollte möglichst innerhalb der ersten Stunden geborgen werden (Gefahr der Septumperforation).

Symptome

  • Meistens geringe Symptomlast, Anamnese weist hin
  • Purulentes unilaterales Sekret nasal möglich
  • Evtl. rezidivierendes unilaterales Nasenbluten

Checkliste Nasaler Fremdkörper

Möglichkeiten der Fremdkörper-Entfernung

  • Rhinoskopie (Nasenspekulum oder flexibles Endoskop) und Versuch der manuellen Bergung (mit Pinzette)
  • Schneuzen lassen, hierbei den Mund und das nicht betroffene Nasenloch zu halten
  • Absaugkatheter in betroffenes Nasenloch, anderen Nasenloch und Mund schließen (Vorsicht: Fremdkörper nicht weiter hineindrücken)
  • Maskenbeatmung reverse”: Anderes Nasenloch zu halten, Maske mit Ambubeutel vor den Mund halten, Luft anhalten lassen und (vorsichtigen) Beatmungshub geben
  • Bergung mittels flexiblem Endoskop mit Lokalanästhesie (üblicherweise durch HNO)

Hörverlust / Hörstörungen

Akuter Hörverlust

Red Flags:

  • Neurologisches Defizit, insb. Ausfall N facialis / N. trigeminus
  • Meningismus, Parästhesien im Nacken, Hals, Kopfbereich
  • Vigilanzstörung
Ursachen (Überblick)
  • Schalleitungsstörung (meist reversibel; Ohrmuschel, äußerer Gehörgang, Trommelfell, Mittelohr)
    • Obstruktion des äußeren Gehörgangs (Cerumen, Fremdkörper)
    • Trommelfellruptur nach Trauma oder Infekt
    • Mittelohr mit Paukenerguss nach Infekt
    • Sonderfälle (Problem der Gehörknöchelchenkette z.B. Otosklerose oder “drittes” Fenster (Verbindung z.B. durch Knochenerosionen zwischen Mittel- und Innenohr)
  • Sensoneuronale Störung (Innenohr mit Haarzellen, Cochlea) = “klassischer Hörsturz”
    • Auch Presbyakusis zählt zu den sensoneurinalen Störungen (kein Notfall)
  • Kombinierte Schwerhörigkeit (Sowohl das Innen - als auch das Mittelohr betreffend)
    • Akut: Schädelhirntrauma mit Felsenbeinfraktur
    • Chronisch: Chronische Otitis media, Otosklerose der Gehörknöchelchen und der Cochlea

Checkliste Hörverlust

  • Spezifische Anamnese
    • Dauer, Art (akut), Progredienz?
    • Uni- oder bilateral?
    • Begleitsymptome? (Tinnitus, Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Druckgefühl, Kopfschmerzen, Otorrie, Nackensteifigkeit, Fieber)
    • (Schädel- Hirn) Trauma? (Blutversorgung des Innenohrs verläuft intraossär, daher anfällig für Trauma z.B. nach Fraktur des Felsen- oder Schläfenbeins, vaskuläre oder hämatoonkologische Erkrankungen sowie raumfordernde Prozesse
    • Z.n. Infektion?
      • insb. viraler Infekt des Innenohrs z.B. Herpes, Mumps, EBV, Meningitis etc.
    • Medikamente? (insb. Furosemid, Aminoglykoside, Tadalafil, Sildenafil, Chemotherapeutika wie Cisplatin, Carboplatin)
    • Lärmexposition?
    • Morbus Menière bekannt?
  • Spezifische Diagnostik
    Ziel: (häufig nicht abschließend in der Notaufnahme möglich): Anatomische Lokalisation klären (äußeres Ohr, Mittelohr, Innenohr, neuronale Hörbahn)
    • Inspektion und Palpation (Ohren, Nase, Rachen)
    • Sprachverständnis erhalten?
    • Otoskopie zur Abklärung einer Schallleitungsstörung (Ohrmuschel, äußerer Gehörgang, Trommelfell, Mittelohr)
    • Red Flags / Hinweis auf Komplikationen?
    • Stimmgabeltest (Weber / Rinne: Siehe oben "Erste Schritte")
Weitere (HNO-)Diagnostik

bei fehlenden Red Flags üblicherweise ambulant

  • ggf. Audiometrie
  • ggf. CT (knöcherne Strukturen äußerer Gehörgang, Mittelohr, Innenohr, Mastoid, umgebendes Weichteilgewebes)
  • MRT (bei V.a. retrocochleäre Prozesser, V.a. Akustikus-Neurinom, Meningeom, zur Beurteilung der Strukturen am Kleinhirnbrückenwinkel und Darstellung demyelinisierender Prozesse)
  • Weitere Therapien dann je nach Genese (Schallleitungsstörung: Eher chirurgische Therapieoptionen z.B. Tympanoplastik (bei Ruptur), Stapesplastik (bei Otosklerose), Tympanozentese (bei Erguss) oder Einlage von Paukenröhrchen etc. …)

Klassischer Hörsturz

Symptome:

  • Plötzlich (< 3 Tage)
  • Unilaterale Hörminderung
  • oft Begleitsymptome wie Schwindel, Ohrgeräusche

Schweregrad: bis zum Ertauben

Therapie: Alle Therapieansätze des Hörsturzes sind empirisch, wenig Daten. Entscheidung durch HNO ggf. nach (ambulanter) Audiometrie und Eingrenzung der Schwere des Hörversagens: Ggf. Prednisolon 60mg po. für 7 bis 14 Tage, ggf. HBO (hyperbare Oxygentherapie).

Tinnitus

Symptome:

  • Hörempfinden ohne externen Stimulus (weder durch mechanoakustisches noch elektrisches Signal), kann von Summen/Zischen bis hin zu Rauschen, Klingeln oder Pulsieren reichen
  • Häufig assoziiert mit Schalleitungsstörung oder sensoneurinalen Störung, formal kein Hörverlust
  • Auftreten meist zwischen 40. und 70. Lebensjahr, Ursachen ähnlich zum akuten Hörverlust.
  • Auch gehörlose (“taube”) Patient:innen können einen Tinnitus entwickeln!
Einteilung
  • Objektiv wahrnehmbar (fehlerhafte Erregung der Haarzellen)
    • Vaskuläre Ursachen (Strömungsgeräusche, pulsatile Geräusche)
    • Mechanische Ursachen
  • Subjektiv wahrnehmbar (häufiger)
    • häufig assoziiert mit Schädigung der Haarzellen in der Cochlea (sensoneurinal) bzw. fehlender Informationsverarbeitung im Hörsystem, nicht extern / physikalisch nachweisbar

Checkliste Tinnitus

  • Anamnese: Gibt es Ruhezeiten (Belastung?); Pulsatil? Ist der Tinnitus hoch oder niedrigfrequent?
  • Diagnostik:
    • Ambulante Audiometrie wie beim klassischen Hörsturz kann empfohlen werden (ggf. dann Entscheidung ob Kortison gegeben wird oder nicht).
    • Bei begleitendem Hörverlust: Ursache der Hörminderung erheben (bzw. ambulante Abklärung), diese erklärt ggf. häufig auch den begleitenden Tinnitus
  • Therapie:
    • Keine spezielle Therapie verfügbar, wird gehandhabt wie der akute Hörsturz
  • Wichtig: Realistische Einschätzung der psychischen Belastung (Tinnitus kann sehr belastend sein bis hin zu Suizidgedanken). Bei deutlicher Einschränkung der Lebensqualität wird von einem dekompensierten Tinnitus gesprochen.

Riech- und Schmeckstörung

Die meisten Schmeckstörungen sind eigentlich Riechstörungen (die dem Geschmack zugeordneten Aromen werden eigentlich olfaktorisch wahrgenommen). Echte Schmeckstörungen sind extrem selten.

Akut relevant Ursachen für Riech- und Schmeckstörungen
  • Zerebrale Ischämie
  • Traumata (Frakturen Os temporale und mandibulare , Schädigung der Filiae olfactoriae ist auch ohne Fraktur möglich (durch Scherkräfte) beim Schädel-Hirn Trauma, postoperative Schäden)
  • Infektionen: Akut während / nach Erkältungen / oberen Atemwegsinfektionen möglich, Chronische Rhinosinusitiden, Poyposis nasi, ggf. auch allergische Rhinitis, intranasale Neoplasien
  • Verschlechterung von systemischen Grunderkrankungen (Diabetes, Leber- Niereninsuffizienz)
  • Drogenkonsum (Kokain)
  • Erstmanifestation und Verschlechterung von neurodegenerativen Erkrankungen: Alzheimer Erkrankung (Frühsymptom), Lewy-Body-Demenz Parkinson Syndrom (Manifestation 4-6 Jahre vor motorischen Symptomen), Down-Syndrom, Chorea Huntington Syndrom, Multiple Sklerose
  • Medikamentennebenwirkungen (Streptomycin, Nifedipin, Chemotherapien wie MTX, Anticholinergika durch Austrocknung der oralen Mucosa)
  • Schwangerschaft
  • Covid-Infektion

Checkliste Riech- und Schmeckstörung

  • Hinweis auf gefährliche Ursachen, insb.
    • Neurologische Ausfallerscheinungen (DD Schlaganfall)
    • Verschlechterung systemische Grunderkrankungen (Diabetes, Leber-, Niereninsuffizienz)
    • (Schädelhirn)Trauma
  • Medikamente überprüfen, ggf. Auslöser absetzen
  • Erhebung (und Dokumentation) allgemeiner HNO-Status
    • weitere Diagnostik wie Riechtestung, Screening der Schmeckfunktion ambulant - HNO)
  • Gedächtnisfunktion überprüfen
  • Aufklärung über Gefahren (z.B. kann Gas- oder Brandgeruch nicht wahrgenommen werden)

Interessante Links (frei zugänglich)
Literatur
  • Memon, R. J. & Tiwari, V. Angioedema - StatPearls. (2023).
  • Wilkat, M. & Rana, M. MKG-Notfälle erkennen und behandeln – Teil 1: Entzündungen und Blutungen. Notaufnahme up2date 04, 225–247 (2022).
  • Walls, R., Hockberger, R., Gausche-Hill, M., Erickson, T. B. & Wilcox, S. R. Rosen’s Emergency Medicine. (2022).
  • Mozet, C., Huseynov, J. & Fischer, M. HNO-Notfälle in der Notaufnahme: Interdisziplinär richtig (be)handeln. Notaufnahme up2date 2, 339–360 (2020).
  • Fleischmann, T. & Hohenstein, C. Klinische Notfallmedizin Band 1 Wissen: Emergency Medicine Nach Dem EU-Curriculum. (2020).
  • Meyer, J., Graefe, H., Biermann, E., Kwiatkowski, A. & Strauß, S. Notfälle in der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde. Notfallmedizin up2date 15, 189–205 (2020).
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  • Tintinalli, J. E., Ma, J. O. & Donald, Y. M. Tintinalli’s Emergency Medicine. (2019).
  • Hahn, J. et al. Angioedema. Dtsch. Ärzteblatt Int. 114, 489–496 (2017).
  • DGHNO. S1 Leitlinie Hörsturz. AWMF (2014).

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