1. Leitsymptome
  2. Skills und Techniken

EKG

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Tipps

  • EKG immer in Zusammenhang mit aktueller Symptomatik / Klinik beurteilen
    • Wenn möglich vorherige EKGs vergleichen (falls vorliegend)
  • Bei unplausiblen EKG-Veränderungen (insb. im Vergleich zu Vor-EKGs):
    • Elektrodenposition prüfen
    • Frühzeitig EKG erneut ableiten
    • In der Klinik: Vergleich mit präklinisch abgeleiteten EKGs!
  • Klassische EKG-Indikationen:

EKG-Ableitungen

12-Kanal EKG (Standard-Ableitungen)

Standard-Ableitungen Elektrodenpositionen

Extremitätenableitungen (nach Ampelfarben):

  • RA (rechter Arm = rot)
  • LA (linker Arm, gelb)
  • LL (linkes Bein = grün)
  • RL (rechtes Bein = schwarz, „Nullelektrode“)

Brustwandableitungen (V1-6)

  • V1: 4. ICR, parasternal rechts
  • V2: 4. ICR, parasternal links
  • V3: zwischen V2 V4
  • V4: 5. ICR, medioclavicular
  • V5: auf Höhe von V4, vordere Axillarlinie
  • V6: auf Höhe von V4, mittlere Axillarlinie

12kanal

Rechtsventrikuläre Ableitungen

Indikation: Verdacht auf rechtsventrikuläre Ischämie / ischämieverdächtige Beschwerden ohne typische Ischämie-Beweise in den "Standard-Ableitungen".

Rechtsventrikuläre Ableitungen Elektrodenpositionen

Verschiedene Varianten in der klinischen Praxis. Pragmatischer Ansatz: Nach dem Schreiben des "normalen" EKG werden einfach V4, V5 und V6 von der linken Thoraxseite auf die rechte Thoraxseite umgelegt und dort spiegelbildlich zu V3, V4 und V5 angebracht:

  • V3r: zwischen V1 und V4r
  • V4r: 5. ICR, medioclavicular rechts
  • V5r: auf Höhe von V4r, vordere Axillarlinie rechts

Alternativ können auch einfach alle Brustwand-Elektroden komplett spiegelbildlich angebracht werden.

Wichtig: Rechtsventrikuläre Ableitungen am EKG (Ausdruck, Digital etc.) immer klar markieren!

Rvableitungen

Posteriore Ableitungen

Indikation: Verdacht auf posteriore Ischämie / ischämieverdächtige Beschwerden ohne typische Ischämie-Beweise in den "Standard-Ableitungen".

Posteriore Ableitungen Elektrodenpositionen

V4, V5, V6 werden von der linken Thoraxseite auf die linke posteriore Thoraxseite umgelegt und angebracht - dabei sollen sie nicht auf, sondern unter der Skapula positioniert werden.

  • V7: Posteriore Axillarlinie
  • V8: Mittlere Skapula / Skapulaspitze
  • V9: Paravertebral links

Wichtig: Posteriore Ableitungen am EKG (Ausdruck, Digital etc.) immer klar markieren!

Postableitungen

Lewis-Ableitungen

Indikation: Unklare Tachykardie, bei der die deutlichere Darstellung der P-Welle hilfreich sein kann. Typisch z.B. Differenzialdiagnostik zwischen AV(N)RT und Vorhofflattern bei regelmäßiger Schmalkomplextachykardie.

Lewis Ableitungen Elektrodenpositionen

Hier sind nur Extremitätenableitungen notwendig: Es erfolgt eine geänderte Positionierung der Elektroden RA, LA und LL, RL bleibt in der Position. Praktisch: In der Akutsituation auch direkt an der Monitor-Überwachung darstellbar!

  • RA: Manubrium sterni, Jugulum
  • LA: 5. ICR rechts parasternal
  • LL: Rechter Rippenbogen, mittlere Axillarlinie
  • Dann Ableitung I (und II) betrachten
    • ggf. Erhöhung der Verstärkung auf 20mm/mV
    • ggf. Anpassung Vorschubgeschwindigkeit auf 50mm/s

Lewis

EKG-Massstab

EKG-Messungen Details

Auf dem EKG-Papier entspricht ein kleines Kästchen 1mm, fünf kleine Kästchen = ein großes Kästchen = 5mm.

In der Y-Achse entsprechen üblicherweise 10mm (in der Y-Achse) meist 1mV (siehe „Eichzacke“ am Anfang des EKGs).

Üblicherweise werden im deutschsprachigen Raum 12-Kanal EKGs mit 50mm/s und Rhythmusstreifen mit 25mm/s Vorschub geschrieben (wobei abteilungsspezifische / regionale Besonderheiten bestehen), daher ergibt sich die Umrechnung von mm → ms.

Ekgmasse

Hochrisiko-EKGs / OMI

Die "klassische" STEMI-Terminologie mit strikter Einteilung in STEMI vs. NSTEMI erfasst einige Hochrisiko-EKGs nicht, die ebenso eine hohe Dringlichkeit behandelt werden sollten. Daher hat setzt sich in weiten Teilen der internationalen klinischen Notfallmedizin zunehmend die Bezeichnung "OMI" (okklusiver Myokardinfarkt) als Überbezeichnung für akute koronare Verschlüsse durch. Diese beinhaltet klassische STEMIs ebenso wie Hochrisiko-EKGs.

Klassische STEMI-Kriterien

STEMI-Definition = ST-Hebungen in ≥2 benachbarten Ableitungen ≥1mm, außer:

  • V2-V3
    • ♂︎ <40 J.: ≥2,5mm
    • ♂︎ ≥40 J.: ≥2mm
    • ♀:︎ ≥1,5mm
  • V7-V9: ≥0,5 mm
  • V3r/V4r/V5r: ≥0,5 mm
STEMI-Mimics

„Mimics“ sind EKG-Bilder, die einen STEMI imitieren können, aber primär keine Herzkatheter-Untersuchung benötigen, sondern anderen Therapie oder Abklärung.

Primär gilt daher immer: Korrelation von EKG und Patient:in bzw. Symptomatik / Anamnese.

Kritische STEMI-Mimics

Dringliche STEMI-Mimics

Andere / seltenere STEMI-Mimics

  • Bestehendes Ventrikel-Aneurysma
  • QRS-Verbreiterung bei Blockbildern
  • Herzschrittmacher-EKG
  • Frühe Repolarisation
  • Myokardiale Tumorinfiltration

Semi-STEMI

Diskrete, (noch) nicht signifikante ST-Hebungen mit kontralateralen ST-Senkungen bei typischer Klinik
→ Kurzfristige Verlaufs-EKGs (alle 10-20min., sofort bei neuen Symptomen)

Semistemi

Hyperakute T-Wellen

Breite, hohe T-Wellen (teils T≥R), bei akuter Ischämie noch vor den „typischen“ ST-Hebungen. Typische breitbasige Parabel-Form mit teils diskreten ST-Senkungen/-Hebungen. DD Hyperkaliämie (eher spitz/ zeltförmig): Unbedingt rasche BGA!

Hyperakut

Hauptstamm-EKG

Isolierte ST-Hebung in aVR (evtl. auch V1) mit ausgeprägten ST-Senkungen in mind. 6(-8) Ableitungen, oft kritisch krank wirkende Pat.:

Hinweis auf fulminanten Myokardinfarkt von LCA/Hauptstamm oder proximaler LAD (RIVA) - DD auch auftretend bei schwerer Dreigefäß-KHK oder „Typ-II-Infarkt“ mit diffuser subendokardialer Ischämie sekundär entstehend durch ausgeprägte Anämie, fulminante Sepsis, akutem Schock (z.B. GI-Blutung, Post-ROSC) etc.

Bei "Hauptstamm-EKG" immer prüfen: Gibt es eine akute nicht-kardiale Ursache (z.B. Schock, Sepsis)?

De Winter-Zeichen

Prominente T-Wellen V1-V6, aszendierende ST-Senkung ≥1mm. Kann persistierend oder intermittierend auftreten. Hinweis auf relevante Stenose LAD (RIVA)

Dewinter

Wellens-Zeichen

  • Typ A: Biphasisches T in V2/3
  • Typ B: Tief invertiertes T über der Vorderwand

Wellens tritt oft intermittierend, auch nach sistierter AP auf. Teils ohne (!) Troponin-Anstieg. Hinweis auf relevante Stenose LAD (RIVA)

Wellens

Shark-Fin-Zeichen

„Verschmelzung“ von QRS mit ST bei massiver ST-Hebung in mehreren zusammenhängenden Ableitungen. Zeichen von sehr ausgeprägter Ischämie, häufig bei Patient:innen im Periarrest (DD: Hyperkaliämie)

Sharkfin

Linksschenkelblock - Sgarbossa-Kriterien

Linksschenkelblock plus typische/verdächtige Klinik für Myokardinfarkt:

  1. Neuer Linksschenkelblock (bei bekanntem Vor-EKG)
  2. Veränderte Morphologie bei bekanntem Block (vgl. Vor-EKG)
  3. Linksschenkelblock mit positivem Sgarbossa-Kriterium

Sgarbossa-Kriterien (Hinweis auf Ischämie bei mind. einem positiven Kriterium)

  1. Konkordante ST-Hebung ≥1mm in beliebiger Ableitung
  2. Konkordante ST-Senkung ≥1mm in V1-V3
  3. Diskordante ST-Hebung ≥1mm (mind. 25% der S-Zacke)

Auch beim Schrittmacher-EKG mit LSB-Morphologie können die Sgarbossa-Kriterien evtl. hilfreich sein, hier gilt Kriterium 2 jedoch für V1-V6

Sgarbossaneu

Rechtsschenkelblock

Rechtsschenkelblock plus typische/verdächtige Klinik für Myokardinfarkt:

  • Rechtsschenkelblock + ST-Hebung („Ein normaler Rechtsschenkelblock darf nicht heben")
  • Neuer Rechtsschenkelblock → DD Lungenembolie erwägen

Synkopen-EKG

Drei häufige Fallstricke bei EKG und Synkope:

  • Übersehen einer Sinustachykardie bzw. keinen Grund für die Tachykardie finden.
    • Mögliche DD bedenken, u.a. Infekt / beginnende Sepsis, LAE, Hypovolämie (z.B. bei Gi-Blutung)
  • Übersehen von QTc-Veränderungen: Nicht nur der automatischen Auswertung vertrauen, aktiv ausmessen und dokumentieren!
  • Übersehen von Brugada-Syndrom: „Auffällige“ Endstrecken immer genau befunden!
Risiko-Zeichen im EKG nach ESC
  • "Auffälliges EKG"
  • Brugada-Zeichen
  • Ischämiezeichen (insb. Hochrisiko-EKG)
  • Bradykardie <40/min, Sinuspause >3s
  • AV-Block III°, AV-Block II° Typ 2 (PQ gleichbleibend, repetitiver QRS-Ausfall)
  • Wechselnder LSB/RSB
  • Ventrikuläre Tachykardie, schnelle supraventrikuläre Tachykardie
  • QTc lang (>460ms) oder kurz (≤340ms)
  • V.a. SM/ICD-Dysfunktion mit Pausen
  • (Neue) Blockbilder (LSB/RSB)
  • Hypertrophie-Zeichen
  • T-Negativierungen / Epsilon-Welle (Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie)

WOBBLERR

Pragmatische Merkhilfe für Risikozeichen bei Synkopen-EKG

Wobblerr

EKG-Befundung bei Synkope

Strukturierte EKG-Befundung bei Synkope

EKG-Aspekt

Pathologischer Befund

Normalbefund

Herzfrequenz

Bradykardie (<50/min.)
z.B. bei Bradyarrhythmie bei Vorhofflimmern, AV-Block II° / III°

Tachykardie (>110/min., besonders bei >140/min.)
z.B. bei Vorhofflimmern/-flattern, ventrikulärer Tachykardie, supraventrikulärer Tachykardie, unerklärter Sinustachykardie

Rhythmischer, normofrequenter Sinusrhythmus (bzw. arrhythmisch bei bekanntem Vorhofflimmern

PQ-Strecke

Wechselnde PQ-Abstände
z.B. bei AV-Block II°, AV-Block III°

Verkürzte PQ-Strecke (<120ms)
PLUS Deltawelle (V.a. WPW-Syndrom)

PQ-Strecke 120-200ms,
QRS-Anstieg normal

QRS und Lagetyp

Blockbild QRS ≥120ms
(neu im Vergleich zu Vor-EKG) oder LSB bei bisher Herzgesunden. Bei RSB: evtl. bi-/trifaszikulärer Block (s. unten)

Bifaszikulärer Block (LAHB+RSB / LPHB+RSB) oder inkompletter trifaszikulärer Block (RSB+LAHB+AV-Block I°)

V.a. Linksherzhypertrophie
Linkstyp / überdrehter Linkstyp +
SV1/V2 + RV5/V6 ≥ 3,5mV (Alter > 30-40J)

Kein Blockbild, kein EKG-morphologisches Zeichen einer Hypertrophie (bzw. keine Veränderung bei bekanntem Block)

ST-Strecke
"Endstrecke"

Short-/Long-QT-Syndrom
QTc-Zeit:
♂︎<360ms oder >450ms
♀︎<370ms oder >470ms

Brugada-Syndrom Charakteristische ST-Hebungen insb. V1/V2 (Typ I/II)

Epsilon-Welle
„Notch“ am Ende des QRS, meist mit rechtspräkordialer QRS-Verbreiterung und T-Negativierung (V.a. ARVCM)

QTc normwertig

Endstrecken normal, kein Hinweis auf Brugada

WPW-Syndrom

Typische Kombination aus:

  • Delta-Welle: trägt aufsteigende R-Welle (Lage und Ausprägung im EKG von Lokalisation der akzessorischen Leitungsbahn abhängig)
  • PQ-Verkürzung (<120ms)

Diagnose nie nur mittels EKG, sondern Kombination aus Klinik/Anamnese (v.a. plötzlich auftretende Palpitationen) und EKG-Befund. In der Notaufnahme maximal Verdachtsdiagnose möglich, weitere Festlegung durch Kardiologie/Rhythmologie.

WPW

Brugada-Syndrom

  • Typ I (konvexe („coved“) ST-Hebung >2mm in V1 (evtl. V2/V3)
  • Typ II (sattelförmige ST-Hebung in V1 (evtl. V2/V3)

Brugada

Epsilon-Welle / ARVCM

Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie

  • Haken („Notch“) am Ende des QRSKomplexes in V1 (evtl. bis V3) = „Epsilon-Potential“/„Epsilon-Welle“
  • T-Negativierung V1/V2 (evtl. auch V3)
  • QRS-Verbreiterung, v.a. in den rechtsseitigen Brustwandableitungen V1-V3 (rot markiert, vgl. mit blauem „Normalbefund")

Arvcm

QT / QTc - Long QT und Short QT

QT-Zeit: Messung von Anfang der Q-Zacke bis Ende der T-Welle (meist in II oder V5/V6 am besten abgrenzbar). Relevant ist die frequenzkorrigierte QT-Zeit QTc.

  • Long-QT
    • QTc >450ms (♂︎) bzw. >460ms (♀︎)
    • kritisch insb. ab >500ms QTc
    • Hinweis auf extremes Long-QT: T-Welle > halbe Strecke zwischen 2 QRS-Komplexen.
  • Short-QT
    • <350ms QTc
    • meist in Kombination mit betonter, hoher T-Welle

Qtc

EKG-Basisbefund

Bei der EKG-Befundung gilt: Fixierungsfehler müssen vermieden werden, deshalb strukturiert befunden!

Im Erstbefund sollte beachtet werden:

  • P, QRS, Rhythmus:
    • Frequenz
    • P-Wellen: Vorhanden? Regelmäßigkeit? Verhältnis zu QRS? (v.a. Ablt. V2, II)
    • Regelmäßigkeit / sich wiederholendes Muster?
    • QRS-Breite (inkompletter Block: 110-119ms; vollständiger Block: ≥120ms)
  • Endstrecken
    • ST-Veränderungen (Hebungen/Senkungen? Morphologie? Zusammenpassende Ableitungen?)
    • QTc-Zeit

Der Mindeststandard eines Notfall-EKG-Befunds beinhaltet daher:

  • Rhythmus (Sinusrhythmus? Vorhofflimmern? etc.)
  • Frequenz
  • Lagetyp und RS-Umschlag
  • Reizleitungsstörungen (insb. Schenkelblöcke, AV-Blöcke, QTc-Zeit)
  • Endstreckenveränderungen (insb. Ischämiezeichen)

Besondere EKG-Bilder

  • QRS-Breite ≥120ms: Vollständiger Block
  • QRS-Beite 110-119ms: Inkompletter Block

Blockbilder können bei erhöhten Herzfrequenzen intermittierend auftreten (typisch z.B. bei tachykard übergeleiteten Vorhofflattern/-flimmern) - sog. „frequenzabhängiger Block“ oder „Ermüdungsblock“.

Linksschenkelblock (LSB)

Leitungsverzögerung im linken Tawara-Schenkel / linksseitigen Faszikeln. Typische QRS-Verbreiterung v.a. in V5/6, I, aVL. 
Untypisch bei Herzgesunden; kann Hinweis auf strukturelle Herzerkrankung sein (bzw. bei typischer Symptomatik auch Ischämie-EKG, s. Hochrisiko-EKGs oben).

LSB

Tipp: QTc-Messung bei LSB ist häufig in der automatischen Auswertung falsch (zu lange QTc-Berechnung)!
Grobe QTC-Messung bei LSB:

  • Breite des QRS messen (z.B. 140ms)
  • 50% der QRS-Breite abziehen von der durch das EKG-Gerät berechneten QT-Zeit (z.B. Gerät misst 530ms : 530 - 70 = 460 ms)

Rechtsschenkelblock (RSB)

Leitungsverzögerung im rechten Tawara-Schenkel. QRS-Verbreiterung mit „M-Konfiguration“ v.a. in V1/V2, aVR.
Inkompletter RSB kann bei jungen Pat. (v.a. Sportler:innen) ohne pathologische Bedeutung auftreten. Neuer RSB kann bei entsprechender Symptomatik auf Rechtsherz-Belastung (z.B. Lungenembolie) hindeuten.

RSB

Faszikuläre Blöcke

Linksanteriorer Hemiblock

auch linksanteriorer faszikulärer Block = LAHB

Blockierung linker anteriorer Faszikel. Isoliert ohne akute Bedeutung. Definition (einfach):

  • Überdrehter Linkstyp
  • S-Persistenz V6
  • RS-Umschlag nach V6 verzögert

Linksposteriorer Hemiblock

auch linksposteriorer faszikulärer Block = LPHB
Blockierung des linken posterioren Faszikels (selten). Isoliert unspezifisch. Definition:

  • Rechtstyp oder überdrehter Rechtstyp
  • RS-Umschlag verfrüht (z.B. V1/2)

Bifaszikulärer Block

Linksseitiger Hemi/Faszikel-Block plus RSB
Meist strukturelle Herzerkrankung. Bei Symptomen (Synkope) erwägen: Intermittierend höhergradige Blockierung? Definition

  • LAHB + RSB oder LPHB + RSB

Trifaszikulärer Block

  • Inkompletter trifaszikulärer Block: RSB + LAHB + AV-Block I°:
    Bei Symptomatik (insb. Synkope) Schrittmacher-Indikation prüfen, Monitor-/Telemetrieüberwachung
  • Kompletter trifaszikulärer Block = Kompletter AV-Block (AV-Block III°)

Hypertrophie-EKG

EKG-Veränderungen können Hinweis auf links- bzw. rechtsventrikuläre Hypertrophie geben (kein sicheres Kriterium, ohne Echkardiografie keine definitive Diagnose möglich!)

Linksventrikuläre Hypertrophie (LVH)

  • Linksachsenverschiebung 
(Lagetyp: Linkstyp, Überdrehter Linkstyp)
  • T-Wellen Abflachung 
bis zu T-Negativierung
  • (Linkschenkel-)Blockbildartige QRS-Verbreiterung (bis hin zu komplettem LSB)
  • Vergrößerte Amplituden von S in V1/V2 und R in V5/V6
    • Positiver "Sokolow-Lyon-Index" für LVH: SV1/V2 + RV5/V6 ≥ 3,5mV

Bei jungen, meist schlanken Pat. (<30-40J) ist ein positiver Sokolow-Lyon-Index ohne Krankheitswert möglich, dann jedoch bei meist normwertigem oder rechtsseitigen Lagetyp.

Rechtsventrikuläre Hypertrophie (RVH)

  • Rechtsachsenverschiebung (Rechtstyp, überdrehter Rechtstyp)
  • Vergrößerte Amplituden in R (V1/V2) und S (V5/V6)
  • Positiver Sokolow-Lyon-Index für RVH: RV1/V2 + SV5/V6 > 1,05mV
  • (Rechtsschenkel-)Blockbildartige QRS-Verbreiterung

Befund abseits bekannter Herzfehler deutlich seltener und unspezifischer als LVH.

Hypertrophie2

Elektrolytstörungen

Kalium

Hypo- sowie Hyperkaliämien können eine Vielzahl von EKG-Veränderungen verursachen.

Typisch bei Hypokaliämie:

  • Abflachung der T-Welle
  • ST-Senkungen
  • U-Wellen

Typisch bei Hyperkaliämie:

Kalzium

Typisch bei Hypokaliziämie:

Typisch bei Hyperkalziämie:

Magnesium

Relevant ist insb. Hypomagnesiämie, typische EKG-Veränderungen:

Medikamente

Viele Medikamenten und Substanzen können EKG-Veränderungen auslösen. U.a.:

  • Rhythmusstörungen
  • QTc-Verlängerung
    • insb. Neuroleptika, Amiodaron, Antibiotika, Propofol (Tipp: „Alle Medikamente mit „Anti-…“ kritisch erwägen)
  • QRS-Verbreiterung
    • Trizyklische Antidepressiva
  • s. auch Medikamenten-Intoxikation

Digitalis

Typische „muldenförmige“ ST-Senkung - diese sind kein klassisches Anzeichen für Überdosierung. Hinweis auf Überdosierung = Bradykardie

(s. auch Digitalis-Intoxikation)

Digitalis

Artefakte und fehlerhafte Ableitungen

Schrittmacher-Artefakt / Pacing Artefakt:
Bei transkutanem Pacing kann es zu „Ghosting“-Artefakten kommen, die einem „echten“ QRS-Komplex ähnelnd, einen Auswurf vortäuschen. Bei transkutanem Pacing den kardialen Auswurf ("Capture") immer mittels (sicherem) Pulstasten, (guter) Pulsoxymetriekurve oder optimal invasiver Blutdruckmessung sicherstellen.

Falsche Herzfrequenz-Anzeige:
Der Algorithmus der EKG-Geräte und der Monitore kann QRS-Komplexe (insb. bei niedriger Amplitude) oft nicht, oder bei hohen/spitzen T-Wellen falsch, als QRS-Komplexe erkennen. So kann es zu einer falsch doppelt zu hohen, oder falsch niedrigen Anzeige der Herzfrequenz kommen. Daher sollte die automatische Herzfrequenz-Messung nicht blind übernommen werden.
Differenzierung: Manuelles Pulstasten bzw. Vergleich mit „guter“ Pulsoxymetriekurve, dann Anpassung der Amplitude und Anbringen der Elektroden an anderen Positionen

Verwechselte Ableitungen („verpoltes EKG“):
Gefährlich (weil nicht immer schnell erkennbar) ist die Verwechslung von Extremitätenableitungen, typisch die Arm-Elektroden (RA/LA) mit typischen Auffälligkeiten in Ableitung I.
Die Verwechslung von Arm- und Beinelektroden sind ohne Vergleich mit Vor-EKGs schwer erkennbar, untereinander verwechselte Bein-Elektroden zeigen meist keine signifikante EKG-Veränderungen.
Vertauschte Brustwand-Elektroden fallen oft schnell auf.

  • Hinweis RA/LA vertauscht: Atypischer Rechtslagetyp, P-/QRS-/T-Negativierung in I
  • Hinweis Brustwand-Elektroden: Wechselnder Anstieg der Brustwand-Ableitungen

Zittern / Tremor:
U.a. bei ängstlichen/agitierten Patient:innen, bei Parkinson oder Hypothermie. Hier können die Elektroden stammnah (abseits der großen Muskelgruppen) angebracht werden. Auch kann sich ein Tremor „ermüden“ und eine verspätete EKG-Ableitung, nach z.B. aktivem Ausstrecken der Arme, sinnvoll sein.

Interferenzen:
Im Krankenhaus untypisch (häufiger präklinisch bei Nähe zu Hochspannungs-Leitungen oder Aggregaten), teils bei implantierten Neurostimulatoren.
Evtl. kann bei entsprechender Indikation für ein dringliches EKG der Stimulator (z.B. mit einem Magnet) ausgeschaltet werden (nur nach Rücksprache mit dem implantierenden Zentrum / Abteilung!)

Pulse-Tapping Artefakt:
Ist eine Elektrode direkt über eine kräftig pulsierenden Arterie positioniert (LA oder RA-Elektrode) kann es zu bizarren Veränderungen, insb. mit extrem veränderten T-Welle kommen. Ein potentieller Hinweis ist die Zuordnung der betroffenen Ableitungen zu einem Arm (I und II bei LA-Elektrode; I und III bei RA-Elektrode).
Lösung: Veränderung der betreffenden EKG-Elektrode

Wandernde Grundlinie:
U.a. bei lockeren / trockenen EKG-Elektroden, Bewegung und Atmen von Patient:innen.
Lösung: Anpassung / Veränderung der EKG-Elektroden

Interessante Links (frei zugänglich)
Literatur
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