1. Leitsymptome
  2. Reanimation und Allgemeines

Umwelteinflüsse: Kälte, Hitze, Strom, Wasser + Höhe

Feedback senden

Killer

  • Hochspannungsunfall / Blitzschlag
  • Hitzschlag
  • Schwere Hypothermie

Red Flags

Tipps

  • Hypothermie + Reanimation: Falls "zuerst Hypotherm und dann Arrest": Auch trotz langem Verlauf gutes Outcome möglich! Prolongierte Reanimation und ECLS erwägen.
  • Hyperthermie: Andere Ursachen (z.B. Fieber/Sepsis) als Ursache für erhöhte Körpertemperatur in Betracht ziehen

Fokus Präklinik

  • Red Flags prüfen, Killer aktiv erwägen
  • Spezifische Therapie fokussiert
    • Hypothermie: Immer EKG-Überwachung, Bewegungen vermeiden; O2-Gabe via Maske
    • Nasse Kleidung nur entfernen, wenn Pat. im Warmen / Trockenen (z.B. RTW), sonst wasserdampfundurchlässige Schicht innen + Decke außen
      • Kritisch krank, <30°C: Transport in Zentrum mit ECMO/HLM-Kapazität
      • Reanimation bei Hypothermie:
        • <30°C: Keine Medis, max. 3x Defibrillation
        • 30-35°C: Doppeltes Zeitintervall Medikamente
        • Erwärmen, Transport ECMO-Zentrum (ggf. auch unter CPR)
    • Stromunfall: Immer 12-Kanal-EKG
      • Kein Risikofaktoren, Beschwerdefreiheit, 12-Kanal-EKG normal: Ggf. Transportverzicht möglich
    • Tauchunfall: Hochdosierte O2-Gabe (ggf. NIV)
      • Schutz vor Unterkühlung/Überhitzung
      • Tauchcomputer mitnehmen, Tauchpartner:in bedenken
      • V.a. Dekompressionsunfall: Rücksprache Tauchmedizin, ggf. direkter Transport in HBO-Zentrum
    • Höhenerkrankung / V.a. Ertrinken: Immer Transport in Klinik

Hypothermie

Definition: Körperkerntemperatur <35 °C.
CAVE: Pulsoxymetrie meist nicht zuverlässig ableitbar.

Spezielles Vorgehen bei Reanimation unter Hypothermie - prolongierte Reanimation insb. bei hypothermem Arrest (zuerst Kälte, dann Arrest) erwägen

Checkliste Hypothermie (mit Kreislauf)

  • “Ohrthermometer” sind ungenau. Bei V.a. mäßig-schwere Hypothermie: Körperkerntemperatur invasiv messen z.B. via Blasenkatheter oder ösophageal
  • Labor inkl. Elektrolyte; BZ, CK, TSH; venöse BGA
  • EKG (oft Bradykardie, ggf. PQ-/QT-Verlängerung, Osborn-Welle)
  • O2-Gabe (via Maske, hochdosiert)
  • Narkose und Atemwegssicherung bei schwerer Vigilanzminderung bzw. fehlenden Schutzreflexen
  • Entfernen von nasser Kleidung (wenn Pat. an einem warmem und trockenen Ort) und aktive Erwärmung beginnen
    • >30°C: Nichtinvasive (Heizdecken, -strahler, Wärmepacks) und invasive Erwärmung (z.B. erwärmte Infusionen) möglich
    • <30°C: aktive invasive Erwärmung notwendig (z.B. Kühl-/Wärmekatheter, ECMO/HLM, evtl. Dialyse mit Heizung)
    • Prähospital große Volumengabe (auch warme Infusionen) vermeiden
  • Bewegungen vermeiden und möglichst horizontale Lagerung (CAVE “Bergungstod” z.B. bei Umlagerung für Bildgebung) bei schwerer Hypothermie
  • Begleitverletzungen ausschließen
  • (Isolierte) Erfrierungsverletzungen der Extremitäten: Immersion in warmes Wasser, unbedingt Analgesie, ggf. Handchirurgie hinzuziehen
  • Ursachensuche (z.B. Intoxikation, Hypoglykämie etc.)

Mild

"Erregungszustand"

Mäßig

"Erschöpfungszustand"

Schwer

"Lähmungsstadium"

35-32°C

32-28°C

<28°C

Kältegefühl
Schmerzen

Muskelstarre
Zentralisation

Lähmung
Paralyse

Erhaltenes Bewusstsein aber Agitation
„Kältezittern“

Adynamie
Somnolenz bis Bewusstlosigkeit
Hyporeflexie
Mydriasis

„Scheintod“

Tachypnoe
Tachykardie
Hypertension

Bradypnoe
Bradykardie
Hypotonie

Areflexie
Apnoe

Erfrierungsverletzungen

Erfrierungen treten bei einer Gewebetemperatur < 0°C auf, es entstehen potentiell Ischämien, Thrombosen, Ödeme und Nekrosen. Am häufigsten betroffen: Hand, Fuß, Nase, Wangen.

Klinisches Bild (Haut):

  • Blass-marmoriert, kalt, weich (anfangs)
  • Wachsartig, hart, gefühllos (im Verlau

Checkliste Erfrierung

  • Wiedererwärmung über Immersion in warmem Wasser (37-39°C), 30-60 Min, wenn noch nicht präklinisch aufgetaut wurde
    • Unterbrechung der Wiedererwärmung vermeiden (Analgesie!)
  • Ausreichende Analgesie bei schmerzhafter Wiedererwärmung
  • Tetanusschutz prüfen und ggf. ergänzen
  • Bei Immobilisierung: Thromboseprophylaxe
Spezialisierte Diagnostik + Therapie

nach Wiedererwärmen, insb. bei beständigen Ischämiezeichen / kein Puls:

  • Angiografie (CT/MR-Angio, DSA)
  • ggf. Gabe von →Iloprost iv.
  • ggf. Thrombolyse in ersten 24h nach Auftauen erwägen (Einzelfallentscheidung, in Rücksprache mit Gefäßchirurgie / Angiologie))

Hitze-Erkrankungen

Einteilung: Hitzeerschöpfung vs. Hitzschlag (vital bedrohlich)

Weitere Ursachen für Hyperthermie abseits der äußeren Auswirkung von Hitze siehe "Fieber und Hyperthermie"

Typische Trias:

  • Hitzeexposition in der Anamnese (z.B. Aufenthalt in praller Sonne)
  • zerebrale Dysfunktion
  • erhöhte Körpertemperatur (bei Hitzschlag >40,5°C)
Formen des Hitzschlags

Klassischer Hitzschlag

  • Nach längerem Aufenthalt in heißer Umgebung
  • Meist chronisch erkrankte Patient:innen mit regelmäßiger Medikamenteneinnahme
  • Verminderte Flüssigkeitsaufnahme

Belastungsbedingter Hitzschlag

  • Meist jüngere, fitte Patient:innen nach Anstrengung in der Hitze
  • Häufig begleitende Nierenfunktionseinschränkung, Rhabdomyolyse, Hypoglykämie, ev. Anstieg kardialer Biomarker

Hitzeerschöpfung

Hitzschlag

Definition

Hyperthermie (<40.5°C) 
mit erhaltener Thermoregulation

> 41°C 
mit Verlust der Thermoregulation

Klinik

  • Hypovolämie mit Durstgefühl
  • Schwitzen
  • leichte neurologische Symptome 
    (z.B. Kopfschmerzen)
  • leichte gastrointestinale Symptome 
    (Übelkeit, Erbrechen)
  • hyperdynamer Schock
  • (Dyspnoe, Tachypnoe)
  • kein Schwitzen,
    rotes und trockenes Hautkolorit
  • Mydriasis
  • schwere neurologische Symptome 
    bis Bewusstseinsstörung

Therapie

  • Symptomatisch
  • kühle Getränke
  • ggf. 500ml VEL iv.
  • Externes Kühlen: 
    Kühlauflagen
    nasse Handtücher
  • Internes/invasives Kühlen: 
    kühle Infusionen
    ggf. Kühlkatheter
  • Allgemeinmaßnahmen: 
    Volumengabe
    O2-Gabe (Ziel-SpO2>95-99%)
    Katecholamine falls nötig

Stromunfall

Hauptgefahren: Initiale Rhythmusstörung sowie thermische, kardiale Schädigung, Begleitverletzungen (durch Sturz/Explosion etc.), selten Verletzungen bis zu Frakturen bei Muskelkontraktion sowie Rhabdomyoloyse inkl. Nierenschädigung (im Verlauf).

Bei Kontakt mit Niederspannung (<1000 V, z.B. Haushaltsstrom) besteht zwar generell die (seltene) Gefahr einer Herzrhythmusstörung, diese tritt jedoch unmittelbar auf. Falls bei Eintreffen des Rettungsdienstes oder in der Notaufnahme keine maligne Rhythmusstörung vorhanden ist (EKG unauffällig) und Pat. keine kardialen Symptome zeigt oder Risikofaktoren bestehen, sind keine weiteren Rhythmusstörungen zu erwarten. Bei längerem Stromkontakt (z.B. "kleben bleiben") oder an Schleimhäuten (z.B. Mund) kann es zu Gewebsschädigung oder Schädigung durch prolongierte, maximale Muskelkontraktionen kommen.
Bei Hochspannungsunfällen sind v.a. thermische Schäden bzw. Muskelschäden (Rhabdomyolyse) wahrscheinlich, daher immer stationäre Abklärung und Überwachung (inkl. EKG-Monitoring).

Sonderfälle:

  • Elektroschockpistole (vgl. "Taser®" - siehe unten)
  • Blitzschlag (s. unten)
  • Weidezaun (sehr hohe Spannung, extrem niedrige Stromstärke - behandeln wie Niederspannung)

Risikofaktoren:

  • Hochspannung (>1.000V) / Blitzschlag
  • Initiale oder protrahierte Bewusstseinsstörung oder „Klebenbleiben“
  • Schwangerschaft
  • Kardiale Vorerkrankung (insb. Schrittmacher/ICD-Patient:innen)
  • Kardiopulmonale Beschwerden (Brustschmerz, Dyspnoe)
  • Sekundäre Verletzungen (Verbrennung, starke Muskelschmerzen, Trauma, etc.)

Checkliste Stromunfall

  • Immer 12-Kanal EKG, auch bei Niedrigspannung und asymptomatischen Pat.!
  • Hinweis auf Begleitverletzungen z.B. durch Sturz?
    • Unauffälliges EKG, keine Risikofaktoren, keine Verletzungen: Entlassung möglich
  • Bei Risikofaktoren, Begleitverletzungen oder Hochspannungs-Unfall
    • Labor (inkl. Troponin, CK)
    • ggf. Röntgen/CT (je nach vermuteter Verletzung)
    • Monitorüberwachung min. 12-24h
    • Spezifische Therapie (CAVE initial nicht sichtbare Muskelverletzungen bei Hochspannung)
  • Schwangerschaft: Immer CTG/Gyn-Vorstellung vor Entlassung
  • ICD-/SM-Patient:innen: Aggregatkontrolle vor Entlassung
  • Arbeitsunfälle: D-ärztliche Vorstellung, BG-spezifische Vorgaben befolgen

Blitzschlag

Blitzschlag gilt als Hochspannungsunfall, bei dem mit einer hohen Stromstärke hohe Temperatur erreicht werden. Es liegt meist eine kurze Einwirkzeit vor, teils werden keine inneren Organe geschädigt, da es zu einem so genannten „Flash Over“ kommt - heißt der Blitz/Strom gleitet oberflächlich über die Haut in den Boden.
Ein direkter Einschlag in eine Person ist sehr selten, dann aber fast immer letal.

Mechanismen bei Blitzschlag
  • Direkter Einschlag (meistens vollständige Verkohlung mit letalem Ausgang)
  • Indirekter Einschlag (häufiger)
    • über Kontakt (Blitz schlägt in Gegenstand, der in der Hand gehalten wird, ein)
    • Überschlageffekt (Blitz schlägt z.B. in Baum in der Nähe ein, der sekundär die Energie weiter gibt)
    • Teilstromdurchfluss (Fuß-Fuß, wenn Person <200m Entfernung vom Blitzeinschlag auf dem Boden steht, Schuhwerk wird häufig hierbei zerrissen)

Klinik / mögliche Verletzungen

  • Bewusstlosigkeit, Pupillen weit, nicht lichtreagibel
  • Lähmungen des zentralen Atemzentrums (mehrere Minuten) → oft notwendige invasive Beatmung
  • Hörstörungen (Trommelfellzerreißung), Sehstörungen (Augenverletzungen), auch Ruptur innerer Organe möglich
  • Trauma durch "Wegschleudern"
  • Bei Kreislaufstillstand: Meist initial Asystolie, Kammerflimmern seltener

Intensivmedizinische Überwachung wegen möglicher verzögerter neurologischer Komplikationen (insb. Paresen und Krampfanfälle können mit Latenz auftreten), Muskel- und Gewebeschäden bis zu Kompartmentsyndrom

Elektroschockpistole

z.B. Taser®

Wegen juristischer Relevanz (Polizeieinsatz): Saubere Dokumentation! Insb. auf sonstige Erkrankungen prüfen.

Checkliste Elektroschockpistole

  • Grund für Taser®-Einsatz? (Intoxikation/Agitation, etc.) → akuter Handlungsbedarf?
  • Sturz / Begleitverletzungen?
  • Tetanus-Schutz?
  • Pfeil entfernen
    • Kritische/sensible Treffer-Stelle? (u.a. Auge, Genitalien, Kopf, Gesicht, Hals, Finger)
      • ggf. Hinzuziehen von spez. Fachrichtungen, chirurgische Entfernung
    • Sonst: Einfacher kräftiger Zug entgegen der Pfeilrichtung (Widerhaken) - Patronenkartusche des Geräts zum Zug nutzbar
    • Pfeile inspizieren (kompett entfernt?), im Anschluss Polizei übergeben
  • 12-Kanal-EKG
    • weitere Überwachung wegen Strom-Abgabe bei unauffälligem EKG nicht notwendig

Kritischer Spezialfall: Psychisches Problem - Exzitiertes Delir/Akute Agitation

Tauchunfall

Barotrauma: Druck zerstört Gewebe (Trommelfell, Alveolen) Symptome: während oder sofort nach dem Tauchgang.

Dekompressionsunfall: Gelöste Gase im Blut führen im gesamten Körper zu Schäden bis hin zu arterieller Gasembolie (“zu schneller Aufstieg”); Symptome bis einige Stunden nach dem Tauchgang möglich - erhöhtes Risiko bei Flugreise <24h nach dem Tauchen (veränderter Umgebungsdruck während des Flugs). Unterschiedliche Atemgase (Pressluft, Nitrox, etc.).

  • Milde Symptome (früher Dekompressionssyndrom Typ II):
    • Müdigkeit
    • Hautjucken (sog. Taucherflöhe) ohne Hautveränderungen
    • falls milde Symptome >30min bestehen werden diese wie schwere Symptome gewertet!
  • Schwere Symptome (früher Dekompressionssyndrom Typ II):

Spezielle Probleme durch Atemgase: Es werden unterschiedliche Atemgase (Pressluft, Nitrox (Stickstoff+Sauerstoff), Heliox (Helium+Sauerstoff), etc.) genutzt - danach fragen!

  • Stickstoffnarkose (“Tiefenrausch”): Ab ca. (15-)30m Wassertiefe kann es bei Tauchen mit Pressluft zur “Stickstoffnarkose” kommen (Symptome oft Euphorie, Selbstüberschätzung bis zu Halluzinationen und Bewusstsseinsstörungen)
  • Sauerstofftoxizität: Risiko v.a. bei Nitrox-Gasgemisch - kann zu Synkope, Krampfanfällen führen
  • CO-Intoxikation: Bei Verunreinigung der befüllten Tauchflasche (z.B. durch Abgase eines Kompressors) ggf. Kohlenmonoxid-Intoxikation

Checkliste Tauchunfall

  • Tauchanamnese (Tiefe, Auftauchen, Tauchcomputer?)
    • Tauchpartner:in bedenken und beobachten
  • Untersuchung: Fokus auf neurologische Defizite, Trommelfelle, Lunge
    • Röntgen-Thorax / Sonografie: Pneumothorax / Lungenödem?
    • Neuro-Auffälligkeiten: CCT (zerebrale Ischämie z.B. durch arterielle Gasembolie)
  • BGA: CO-Intoxikation? Sonstige Auffälligkeiten?
  • Schutz vor Auskühlen (viele Seen haben <10°C) und Überhitzung (z.B. Sonne + Neoprenanzug)
  • V.a. Dekompressionsunfall:
    • Maximaler O2 (z.B. NIV mit FiO2 100%; zuvor Pneumothorax ausschließen)
      Sauerstoffgabe auch bei rückläufigen Symptomen bis zur Rücksprache mit Tauchmediziner:in fortführen
    • Volumengabe nach klinischem Bedarf (oft Hypovolämie vorhanden)
    • Überwachung für mind. 24h mit regelmäßigen neurologischen Untersuchungen
    • Tauchärztliche Beratung einholen
    • ggf. Hyperbare Oxygenierungstherapie (Rücksprache mit HBO-Zentrum)

Ertrinken

Giftstoffe im Wasser möglich? Immer an Suizid/Misshandlung (Tötungsdelikt bei Kindern) denken.

Checkliste Ertrinken

  • Temperatur: Hypothermie wird bei Pat. häufig übersehen!
  • Bei respiratorischer Insuffizienz / Atemnot: Sono Thorax und Röntgen-Thorax (Lungenödem / Aspiration / Pneumonie?)
  • Ursachenforschung nach Anamnese:
  • Entlassung nach 4-6h Überwachung möglich, falls:
    • SpO2 ≥95% und
    • Pat. asymptomatisch und
    • Untersuchung unauffällig

Höhenerkrankung

Seltene Erkrankungen in der Notaufnahme. Symptome treten meist in großer Höhe (ca. >2000m) auf - und müssen auch dort behandelt werden. Primäre Therapie ist der Abstieg, in der Notaufnahme üblicherweise “nur” symptomatische Behandlung notwendig.

Akute Höhenkrankheit (auch: akute Bergkrankheit): Klinische Diagnose, typischerweise unspezifische (oft neurologische) Symptome (insb. Kopfschmerz); Beginn meist 6-24h nach (schnellem) Aufstieg. Klinische Überwachung, bei Verschlechterung / persistierenden Beschwerden ggf. Dexamethason analog zu HACE (s. unten).

Höhenhirnödem (auch HACE): Diffuse akute Enzephalopathie mit Ataxie, Bewusstsseinsstörung bis zu Koma.
Behandlung symptomatisch + Dexamethason 8mg iv. (dann 4mg /6h).
Differenzialdiagnosen für Vigilanzminderung erwägen (Schlaganfall, Meningitis, Elektrolytstörungen etc.)

Höhenlungenödem: Nicht-kardiales Lungenödem - tritt meist ca. 2-5 Tage nach Erreichen großer Höhe auf. Initial trockener Husten, im Verlauf produktiv-blutig. Klinisch Lungenödem (feuchte Rasselgeräusche, sonografisch B-Linien).
Symptomatische Therapie, z.B. nichtinvasive Beatmung. Diuretika sind eher nicht hilfreich (meist liegt Exsikkose vor).

Hängesyndrom (früher auch "Hängetrauma"): Nach längerem Verharren (Hängen) im Seil / Gurt. Bei >2h Risiko einer Rhabdomyolyse, ev. schon früher Auftreten von Hyperkaliämie. Ziel ist möglichst rasches Befreien aus der Situation (Abseilen).
Symptomatische Therapie, u.a. Volumengabe, bei Kreislaufstillstand Reanimation nach Leitlinien und Suche nach Begleitverletzungen.
In der Klinik: Labordiagnostik inkl. BGA (Hyperkaliämie?), Nierenwerte und CK (Rhabdomyolyse).

Lawinenunglück

Outcome bei Lawinenunglücken vor allem abhängig von Begleitverletzungen, Dauer und Tiefe der Verschüttung und Vorhandensein einer Atemhöhle (sowie deren Größe).

Ursachen für Kreislaufstillstand:

  • Begleitverletzungen (v.a. stumpfes Trauma von Kopf, HWS, Thorax, Extremitäten)
  • Ersticken (Asphyxie) durch Atemwegsverlegung. Entscheidend ist das Vorhandensein und die Größe der Atemhöhle
    • Kritische "Erstickungsphase" 18-35min nach Verschüttung (bei großer Atemhöhle verzögert - ggf. Überleben über mehrere Stunden möglich)
  • Hypothermie (Hypothermie sehr selten Ursache für Arrest - wenn jedoch primäre (akzidentielle) Hypothermie: Beste Chancen für gutes Outcome)

Checkliste Lawinenunfall

  • Eigenschutz bei Rettung hat höchste Priorität!
    Zeitkritisches Vorgehen (je schnellere Rettung, desto bessere Überlebenschancen)
  • Ausgraben und Beurteilung Atemwege + Vitalzeichen
    • Frühzeitig EKG (z.B. via Defipads): Rhythmusstörung?
      Kontinuierliche Überwachung (CAVE: Bergetod!)
    • Körperkerntemperatur (Ösophagussonde bei Intubierten)
  • Traumacheck: Begleitverletzungen?
    • Voll-Immobilisierung empfohlen
    • Notfallversorgung kritischer Verletzungen / Blutungen
    • V.a. schweres SHT (z.B. GCS <8): Intubation
      • Blutdruck MAP ≥ 80mmHg (RRsyst ≥ 110mmHg) halten
  • Hypothermie-Versorgung
    • Isolation, Wärmezufuhr sobald aus Schnee gerettet (z.B. verschiedene Iso-Schichten, Wärmebeutel in Achseln)
    • Kerntemperatur <30° oder RRsyst <90mmHg, ventrikuläre Rhythmusstörung (oder andere Instabilitäten): Transport in überregionales Traumazentrum mit ECLS-Fähigkeit
  • Reanimation (Allgemeines: Siehe Reanimation)
    • Verschüttungsdauer ≤ 60min.: Asphyxie wahrscheinlich
      • Lebenszeichen max. 10 Sekunden prüfen
      • Keine Lebenszeichen: Fünf Beatmungen, CPR starten
        • Temperatur < 30°C: Transport in ECLS-Zentrum unter CPR
        • Temperatur ≥ 30°C (oder unklar): Beendigung CPR nach 20min. ohne ROSC erwägen
    • Verschüttungsdauer > 60min.: Hypothermie möglich
      • Lebenszeichen für bis zu 1 Minute prüfen!
      • Keine Lebenszeichen: EKG-Monitoring (Defi-Patches), CPR starten
        • KEINE Reanimation / Abbruch bei verlegtem Atemweg plus Asystolie
        • Temperatur < 30°C (oder unklar): Transport in ECLS-Zentrum unter CPR
        • Temperatur ≥ 30°C: Beendigung CPR nach 20min. ohne ROSC erwägen
    • Klinik (Eintreffen unter laufender CPR):
      • Entscheidung ECPR vs. Einstellung CPR
        → Kalium-Messung + HOPE-Score
Interessante Links (frei zugänglich)
Literatur
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